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Jüdische Künstlerin wiederentdeckt!

Der Künstlerin und Mitstreiterin der Alten und Neuen Frauenbewegung Gertrude Sandmann (1893-1981) wird im Haus am Kleistpark vom 11. Februar bis 3. April 2011 eine Retrospektive gewidmet. Gertrude Sandmann gehörte zu den von den Nazis als „entartet“ verfemten Künstlern und hatte als Jüdin schon ab 1935 offizielles Malverbot. Nach dem 2. Weltkrieg war die Kollwitz-Schülerin lange Jahre vergessen. Nun ist Sandmann auf zweifache Weise wieder in Schöneberg präsent, eine späte aber verdiente Ehrung:

Mit einer Kunstausstellung im Haus am Kleistpark von über 100 Grafiken und Pastellen, in der darüber hinaus auch Dokumente ihres Lebens (Fotos, Tagebücher, Veröffentlichungen u.a.) zu sehen sind und - mit einem Biografischen Album in der Kulturhistorischen Ausstellung „Wir waren Nachbarn – 136 Biografien jüdischer Zeitzeugen“ im Rathaus Schöneberg.

Vor drei Jahren wurden viele Werke von Gertrude Sandmann durch die Kunsthistorikerin Dr. Anna Havemann in einem privaten Nachlass wiederentdeckt. Dabei ist auch bekannt geworden, dass Gertrude Sandmann eine besondere Beziehung zum HAUS am KLEISTPARK hatte: Über 70 Zeichnungen wurden hier schon 1968 ausgestellt. Dokumente darüber waren im Haus am Kleistpark verschollen. Auch bei den Recherchen über ehemalige jüdische Bürgerinnen und Bürger im Bezirk für die Ausstellung „Wir waren Nachbarn“ im Rathaus Schöneberg war bisher niemand auf ihre Geschichte gestoßen. Und es gibt noch einen Bezug zu den inhaltlichen Schwerpunkten des HAUS am KLEISTPARK, wo in den letzten 28 Jahren insbesondere Künstlerinnen und auch deren Vereinigungen gefördert wurden: Gertrude Sandmann war Gründungs-Mitglied der GEDOK, der ersten überregionalen Künstlerinnen-Vereinigung und sie war Studentin an der Frauenmalschule des Vereins Berliner Künstlerinnen, als Frauen an der Kunstakademie noch nicht studieren durften. Obwohl sie als Jüdin die GEDOK in der NS-Zeit verlassen musste, war sie bei der Nachkriegs-Neugründung 1960 wieder dabei. Als solche war sie aktuell mit einigen Arbeiten bei der großen Ausstellung zum 50. Jahrestag der GEDOK in Berlin beteiligt, die im September 2010 im Haus am Kleistpark mit einem historischen Teil stattfand. Noch weitere Beziehungen gibt es zum Schöneberger Norden: Gertrude Sandmann hat hier gewohnt, sie hat hier versteckt überlebt und war hier in den 1970er Jahren engagiert in der Alten und Neuen Frauenbewegung. Zeit ihres Lebens kämpfte sie um ihr Recht auf Selbstbestimmung und bekannte sich öffentlich zu ihrem Lesbisch-Sein. In den 70er Jahren unterstützte Sandmann viele Projekte der autonomen Frauenbewegung; unter anderem war sie als Zeichnerin und Autorin an der Zeitschrift „UKZ“ (Unsere kleine Zeitung) beteiligt.

Auch das Rahmenprogramm schlägt einen Bogen zwischen den beiden Häusern: – Vortrag am 21. Febr. ,19 Uhr im Rathaus Schöneberg von Dr. Claudia Schoppmann zum Thema „Lebensgeschichten lesbischer Frauen im „Dritten Reich“ am Beispiel von Gertrude Sandmann“ – Podiumsgespräch am 9. März, 19 Uhr im Haus am Kleistpark mit der Kuratorin Dr. Anna Havemann und mit Frauen, die Gertrude Sandmann noch aus der Frauenbewegung persönlich kannten u.a. mit Prof. Dr. Ilse Kokula und Christiane von Lengerke und mit einer Lesung aus Sandmanns bemerkenswerten Tagebüchern.

Aus Anlass der Ausstellung ist in der Reihe „Jüdische Miniaturen“ im Verlag Hentrich & Hentrich ein Band über Gertrude Sandmann erschienen und wird im Rahmen der Pressevorbesichtigung vorgestellt. Die Autorin Dr. Anna Havemann - zugleich Kuratorin der Ausstellung - ist anwesend.

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Gertrude Sandmann (1893-1981)
Vom Sehen und Leben