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In dieser Ausstellung hat die Galerie für Landschaftskunst zwei Räume eingerichtet.

Im ersten Raum wird Vorstellungen von "Feldforschung" nachgegangen. Hier werden Arbeiten unterschiedlicher künstlerisch-feldforscherischer Ansätze von Bob Braine, Anna Gudjónsdóttir, Kristinn G. Hardarson, Florian Hüttner, Jussi Kivi, Till Krause, Ingeborg Lockemann, Daniel Maier-Reimer und Ralf Weißleder gezeigt. Im monatlichen Wechsel wird eine der hier gezeigten Arbeiten von einem Feldforscher (z.B. Biologe, Ethnologe) ausgesucht, gesondert präsentiert und kommentiert.   
Im zweiten Raum werden zwei aktuelle Projekte vorgestellt. Neben der "Biologischen Forschungsstation Alster” (Galerie für Landschaftskunst, Mark Dion u.a.) zeigt der Hamburger Künstler Jochen Lempert Fotos und Notizen zu seinem "Insektenbeobachtungstisch II”, der auf der Verkehrsinsel vor dem Altbau der Kunsthalle (Glockengießerwall) aufgestellt ist.

Im Rahmen unserer neuen Reihe gegenwärtig: zeigen wir Künstler, die in ihrer Arbeit suchen, sammeln und ordnen. Fundstücke aus Natur und Stadtalltag bestimmen diese Werke. Die Künstler geben sich als Wissenschaftler aus, oft mit einem Augenzwinkern. Einer der ersten „Feldforscher“ war Nikolaus Lang. Er unternahm in den siebziger Jahren ausgedehnte Reisen in entlegene Winkel der Welt und sammelte, was er auf seinen Wanderungen fand: Naturfundstücke ebenso wie Überreste der modernen Wegwerfgesellschaft. Gleich einem Archäologen kartierte Lang seine Funde und notierte akribisch deren Ort und Umstände. Dabei gilt sein Interesse ebenso dem Zwiespalt zwischen Natur und technischem Fortschritt wie den Konflikten zwischen verschiedenen kulturellen Systemen. In dieser Tradition arbeiten die Künstler der Hamburger Galerie für Landschaftskunst. Ihr Untersuchungsfeld sind jedoch Landschaften, die uns unmittelbar umgeben: verlassene oder vergessene urbane Gegenden. Die Künstler interessieren sich insbesondere für das Kräfteverhältnis von Natur zu Kultur. Bob Braine erkundete unbewohnte kleine Inseln rund um Manhattan. Im Unterschied zu Nikolaus Lang erklärt er jedoch nicht nur seine Fundstücke, sondern auch seine Hilfsmittel, so etwa die verschiedenen Boote, mit denen er unterwegs war, zum ausstellbaren Kunstobjekt. Lothar Baumgarten entwickelt aus Aufnahmen, die er in einem ethnologischen Museum gesammelt hat, eine Reflexion über die kolonialistische Herkunft der Objekte als auch über den ordnenden Umgang, dem diese Stücke im Museum unterzogen werden. Andere Künstler befragen ihre Umwelt im Sinne soziologischer Kategorien. Sophie Calle stattete eine New Yorker Telefonzelle mit allerlei Überraschendem wie bunten Blumensträußen und appetitlichen Sandwiches aus. Sie notierte anschließend genau, wie die Benutzer auf diese Modifikationen reagierten, und zählte, wie oft dieses veränderte Alltagsumfeld die vorbeigehenden Passanten zum Lächeln animierte. Ein dritter Bereich, den Künstler forschend analysieren, sind die Bildwelten der Massenmedien. Hans-Peter Feldmann arbeitet schon seit den 1960er Jahren mit Abbildungen aus Zeitschriften oder Werbedrucksachen. Er sammelt Bilder und gruppiert sie unter bestimmten Themenvorgaben. So hinterfragte er den Umgang mit Bildern, in dem er alle Photos einer Zeitungsausgabe als eine große Bildcollage reproduzierte. Der junge Hamburger Künstler Peter Piller führt diesen Ansatz Feldmanns fort, indem er beispielsweise in Tageszeitungen veröffentliche Photos sammelt, auf denen mit einem darüber gelegten Pfeil Tatorte von Verbrechen markiert sind. Im Werk von Christian Boltanski und Annette Messager spielt die Erforschung individueller Biographien und kollektiver Stereotype eine zentrale Rolle. Boltanski erweckt in einer Serie von Photographien den Eindruck, er erzähle anhand von Photos aus dem Familienalbum seine Kindheit nach. Tatsächlich sind alle Photographien von ihm im Erwachsenenalter aufgenommen und stellen lediglich typische Kindheitsszenen nach. Hier verwebt sich das Soziologische mit der Fiktion. Die Ausstellung „Feldforschung“ zeigt, wie Künstler sich der verschiedensten wissenschaftlichen Strategien bedienen, um ein altes Anliegen umzusetzen: etwas über die Welt in Erfahrung zu bringen. Vorgeblich wissenschaftliche Methoden demonstrieren, dass es sich um konstruierte und oft sehr persönliche Versionen von Welt handelt.