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Vom 14. Oktober 2005 bis 8. Januar 2006 zeigt das Kunsthaus Zürich in einer grossen Retrospektive den im deutschen Sprachraum als Künstler des Sturm und Drang bekannten, im englischen jedoch als «British artist» definierten Zürcher Maler Johann Heinrich Füssli (1741-1825).

Das Kunsthaus Zürich zeigt Füssli als Darsteller von Leidenschaft, hoch gebildeten Schöpfer von eigenwilligen, kraftvollen Bilderfindungen und überraschenden Interpreten der grossen Texte der Weltliteratur. Berühmt und in der Ausstellung prominent vertreten sind seine Illustrationen zu Werken William Shakespeares (1564-1616) und John Miltons (1608-1674), die von Elementargeistern und Kobolden bevölkert und oft mit ironischem Unterton versehen sind. Die frühen Zeichnungen des während der Aufklärung in einer Zürcher Künstlerfamilie aufgewachsenen Autodidakten sind von Hans Holbein und dem lokalen Manierismus inspiriert. Studiert hat Füssli – auf Drängen des Vaters – Theologie.

AUSBILDUNG AUF REISEN Nachdem Füssli ein Pamphlet gegen einen korrupten Landvogt verfasst, diesen damit vertrieben hatte und zusammen mit seinen Jugendfreunden Johann Caspar Lavater und Felix Hess schliesslich das Land verlassen musste, liess er sich nach kurzen Aufenthalten in verschiedenen Städten Deutschlands in London nieder. Es folgten sechs unstete Jahre als Literat in der brodelnden Grossstadt, bevor Füssli auf Anraten Joshua Reynolds nach Rom ging. Dort setzte sich seine künstlerische Begabung durch: von 1770 bis 1778 beherrschte Füssli den Kreis nordischer Künstler in Rom, entwickelte in der Auseinandersetzung mit Michelangelo und der Antike seinen eigenen, unverkennbaren Stil. Mit Zeichnungen aus diesen frühen Jahren eröffnet die Ausstellung den Rundgang. Über Zürich kehrte Füssli 1779 wieder nach London zurück. Es folgten monumentale Historiengemälde wie «Die drei Eidgenossen beim Schwur auf dem Rütli» (1779-1781) – noch in Zürich begonnen – oder «Dispute between Hotspur, Glendower, Mortimer and Worcester» (1784).

DER ALPTRAUM Seinen Durchbruch und das Etikett des «Wild Swiss» verdankte er vor allem dem 1781 in der Royal Academy ausgestellten Gemälde «The Nightmare». Es zeigt eine schlafende Dame, deren Kopf und Arme über den Bettrand herabhängen und auf deren Magengrube ein Alb sitzt. Ein Geisterpferd schiebt seinen unheimlichen Kopf von hinten durch die Bettvorhänge. Diese Darstellung gilt gemeinhin als Verarbeitung der unerfüllten Liebe zu Anna Landolt, einer Nichte Lavaters, welcher Füssli auf diese Art böse Träume wünschte.

PROVOKATION Füsslis Malerei provozierte. In vielerlei Hinsicht war er ein Erneuerer. Nicht nur durch die Tatsache, dass er um klassische Bildgattungen wie Landschafts- oder Genremalerei und Stilleben einen Bogen machte, sondern auch indem er literarische Themen ohne bildliche Tradition, wie z.B. die Nibelungensage, in die bildende Kunst einführte. Charakteristisch ist auch seine auf ein Minimum beschränkte Farbpalette. Die Bilder verbreiten durch die Dunkelheit und die leuchtenden Kontraste zuweilen eine beklemmende Stimmung.

EROTIK Eine versteckte Vorliebe zeigt sich in den zahlreichen Portraits äusserst modisch gekleideter und extravagant frisierter Frauen, die nahtlos zu seinen erotischen Zeichnungen überführen. Viele dieser Arbeiten sind hierzulande selten zu sehen, da sie sich in Sammlungen auf der ganzen Welt, bis hin nach Neuseeland, befinden. Das Kunsthaus Zürich präsentiert eine ausgewählte Zusammenstellung solcher Arbeiten in einem separaten Kabinett. Insgesamt werden rund 60 Gemälde und über 120 Aquarelle und Zeichnungen gezeigt.

RUHM UND EHRE Der «wilde Schweizer» machte in akademischen Kreisen Karriere. Er war seit 1790 Mitglied der Royal Academy in London. 1799 wurde er zum Professor und 1804 zum «Keeper» ernannt. In diesen Funktionen war er massgeblich an der Ausbildung der englischen Künstler beteiligt. Er starb 1825 und wurde unter grosser Anteilnahme in der St. Paul’s Cathedral beigesetzt. Seine Schweizer Heimat hatte er seit 1779 nie wieder besucht.

Bereits 1847 gelangte das erste Gemälde – «Bodmer und Füssli vor der Büste Homers» (1778-1780) – mittels einer Schenkung in die Künstlergesellschaft, die Vorläuferin der Zürcher Kunstgesellschaft. Seit 1913 entstand durch Ankäufe und weitere Schenkungen, die jüngste davon 1998 von Mäzen Gustav Zumsteg, die bedeutendste Sammlung weltweit. Das Kunsthaus Zürich widmete Johann Heinrich Füssli zuletzt 1969 eine grosse Retrospektive.

Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit der Tate Britain, wo Füssli-Werke vom 15. Februar – 1. Mai 2006 in der Ausstellung «Gothic Nightmares: Fuseli, Blake and the Romantic Imagination» gezeigt werden.

Ein Kultur-Engagement der Credit Suisse – Partner des Kunsthaus Zürich.

PUBLIKATION Ein Buch mit Essays der Ausstellungsmacher Christoph Becker, Christian Klemm, Franziska Lentzsch und Bernhard von Waldkirch sowie von Martin Myrone, ca. 290 Seiten, ca. 200 überwiegend farbige Abbildungen, erscheint im Verlag Scheidegger und Spiess und ist in deutscher und englischer Ausgabe am Museumsshop erhältlich.

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