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Eröffnung: Donnerstag, den 15. Mai, 20 Uhr

„Überhöhen Sie die Grammatik! Fliegen Sie aufs alltägliche Gespräch! Setzen Sie Winkelmasz und Zirkel aufs spiel! Stören Sie die Sprache ein wenig mehr!“

Friederike Mayröcker schrieb diese Sätze aus ihrer Anleitung zu poetischem Verhalten „Pick mich auf, mein Flügel...“ für Ernst Jandl. Die beiden Autoren verband ab 1954, bis zu Jandls Tod 2000 eine enge Freundschaft. Diese Arbeits- und Liebesbeziehung formuliert sich als gegenseitige Inspiration in ihren Werken, zu denen auch einige Gemeinschaftsarbeiten zählen. Neben Texten und Zeichnungen produzierten Mayröcker und Jandl zusammen Hörspiele. Ihr Werk „Fünf Mann Menschen“ wurde zum Klassiker des „Neuen Hörspiels“ und 1969 mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet. Mit diesem Stück, das im Zeitraffer zentrale Stationen des menschlichen Lebens darstellt, übertrugen die Schriftsteller die Möglichkeiten der Konkreten Poesie auf das Hörspiel. Jandl und Mayröcker begreifen in ihren Arbeiten Sprache als Material, mit dem es zu spielen und zu experimentieren gilt.

Während Mayröcker von der Experimentellen Poesie ausgeht, ist für das Werk Jandls der Einfluss der Konkreten Poesie bezeichnend. Sie haben nicht nur im Umkreis der Wiener Gruppe und der Stuttgarter Schule gearbeitet, sondern waren beide auch im Bielefelder Colloquium aktiv. Beide waren sie nach ihrem Anglistikstudium Lehrer an Hauptschulen bzw. Gymnasien und erhielten als ‚Krönung’ ihrer schriftstellerischen Tätigkeit den Georg-Büchner Preis, Jandl 1984 und Mayröcker 2001. So sehr sie sich auch verbunden waren, so haben sie doch jeweils ein sehr eigenständiges und unterschiedliches Werk geschaffen.

Die Ausstellung des Studienzentrums für Künstlerpublikationen, die in Kooperation mit dem Literaturfestival „poetry on the road“ stattfindet, zeigt Bücher, Künstlerbücher, Schallplatten, Beiträge in Zeitschriften, Hörspiele, Zeichnungen und Kinderbücher der beiden Wiener Autoren. Weiterhin bietet die Ausstellung dem Besucher durch eine Leseecke und eine Jukebox mit Hörstücken und Lesungen die Möglichkeit zu einer längeren Auseinandersetzung mit ihrer Sprachkunst.

Friederike Mayröcker / Andreas Grunert 1 NERVENSOMMER – 1 ZYKLUS 16. Mai bis 31. August 2008 Eröffnung 15. Mai, 20 Uhr

Parallel zeigt das Studienzentrum den Zyklus „1 Nervensommer“ von Friederike Mayröcker und Andreas Grunert, der als Gemeinschaftsarbeit innerhalb eines Jahres entstand. Die gegenseitige Inspiration und Beeinflussung durch Text und Bild ließ in wechselseitiger Reaktion diese Arbeit entstehen.

» ‚diese Bilder wie durch das Auge eines Gespenstes gesehen’, das war der Inbegriff einer Faszination, die von den Acrylbildern Andreas Grunerts auf mich wirkte. Wie in einem Fieber arbeitete ich von Mai 98 bis Mai 99, um diese Wunder bildender Kunst in Sprache zu übertragen: die Bilder, die Texte flogen hin und her zwischen uns, Andreas Grunerts Imagination entzündet sich an 1 Wort, 1 Satzteil, 1 Satz des jeweils jüngsten Textes von mir, meine Fingerspitzen, meine Augenspitzen identifizierten sich mit seinen Arbeiten – ja; ich spieszte auf mit meinen Augenspitzen, was er gemalt hatte, ich spürte, wie mein Schauen sich wälzte in seinen Bildern. Es ist 1 rein körperliches Geschehen, ich bin berauscht, mein Auge krallt sich fest an 1 bestimmten Motiv, einer Farbschleife, einer sehr wirklichen Hügellinie. Diese Mischung aus figurativ und abstrakt bestürmt mich, hat mich bestürmt, verzaubert, durch alle Tage dieses glücklichen Jahres. « (F. Mayröcker, 10. März 2002)

Die Zusammenstellung der Gemälde von Grunert und der Poesie von Mayröcker lädt die Betrachtenden ein, in die verschiedenen Zeichenschichten und Assoziationen von Autorin und Künstler einzutauchen und ihrer eigenen Imagination freien Lauf zu lassen.

Auch diese Ausstellung des Studienzentrums für Künstlerpublikationen findet in Kooperation mit dem Literaturfestival „poetry on the road“ statt.

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Friederike Mayröcker und Ernst Jandl
Konkrete und Experimentelle Poesie