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Eröffnung: Sonntag, 27. Januar 2008, 12:00 Uhr

Die Weserburg zeigt die erste umfassende Museumsausstellung des Werkes von Frank Gerritz. 1964 in Hamburg geboren, zählt Gerritz heute zu den bedeutenden Künstlern einer abstrakt operierenden Kunst. Der amerikanische Kunstkritiker Donald Kuspit bezeichnet ihn als den letzten „abstract hardliner“.

Auf den ersten Blick, zumal wenn man die Werke nur von Abbildungen in Publikationen kennt, vermutet man in Frank Gerritz einen Nachfahren der Minimal- und Concept Art. Doch wie so häufig, ist ein solcher erster Blick allzu eindimensional. Die Werke von Gerritz erfordern wie kaum ein anderes Oeuvre der zeitgenössischen Kunst die reale Betrachtung vor Ort. Seine Kunst reklamiert den Live-Charakter der eigenen Wahrnehmung.

Frank Gerritz ist Bildhauer, der jedoch ausgehend von seinen skulpturalen Ideen seit Jahren vornehmlich Bilder entstehen lässt, denen allerdings eine raumgreifende Kraft zukommt.

Mit dem Graphit eines Faber-Castell-Stiftes der Sorte 9B legt der Künstler Schicht über Schicht auf die glatte Oberfläche industriell gefertigter MDF-Platten. Die unterschiedlichen Schraffuren führen zu einem präzisen Linienwerk, das dem Bild eine erste Struktur gibt. Entscheidend ist, dass die Präzision dieser geometrischen Formationen durch die materielle Wirkung des Graphit in eine ganz andere Ebene der Wahrnehmung gehoben wird: das aufgetragene Graphit fängt das Licht in einer jeweils vollkommen neuen und anderen Weise. In den teilweise spiegelnden Oberflächen dieser MDF-Arbeiten unternimmt der Betrachter so eine aufregende Reise des Blicks durch eine Licht erfüllte Welt des vermeintlichen Dunkels.

In einem weiteren Werkzyklus arbeitet Gerritz mit schwarzem Paintstick direkt auf eloxiertem Aluminium. Dass die Oberflächen dieser Werke ein Schwarz von durchdringender Schönheit liefern und im konzisen Duktus einer rigiden Genauigkeit dennoch Raum lassen für das Echo gelebter Erfahrung, die nicht auf einen messbaren Nenner gebracht werden kann, sondern im Sehen erst spürbar wird, auch das ist nur erfahrbar direkt vor den Werken in der Ausstellung.

Speziell für die Ausstellung in der Weserburg hat Frank Gerritz eine neue Wandzeichnung geschaffen, wie er sie in seinem bisherigen Werk bereits in New Yorker Galerien und für die Hamburger Kunsthalle realisiert hat. Dabei arbeitet der Künstler direkt mit dem Graphitstift auf die Wand des Ausstellungsraumes. In elf Tagen entstand in Zusammenarbeit mit elf Assistenten so die bislang größte Wandzeichnung in den Maßen 160 x 900 cm, die direkt mit dem architektonischen Raum verbunden ist. Die Wandzeichnung für die Weserburg greift Erfahrungen aus der Jugendzeit des Künstlers auf, in der er in einer Punkband in Hamburg spielte und bezieht sich inhaltlich auf die Bühne des legendären Roxy in London, in dem die Band Wire den Song „Lowdown“ in unnachahmlicher Weise über die Rampe brachte. Auch in diesen Zusammenhängen wird deutlich, dass das Werk von Frank Gerritz sich aus Quellen speist, die auf den ersten Blick nicht zu vermuten, im intensiven Sehen aber spürbar sind.

Die Ausstellung gibt mit den MDF-Arbeiten, den Aluminiumarbeiten, skulpturalen und zeichnerischen Werken sowie der im Museum entstandenen Wandzeichnung erstmals einen umfassenden Einblick in das Werk von Frank Gerritz. Das begleitende Katalogbuch, mit Texten von Donald Kuspit und Alison Green und Carsten Ahrens wird das Werk der vergangenen Jahre und die Ausstellung in der Weserburg dokumentieren. Carsten Ahrens