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Die Baukunst Galerie zeigt die dritte große Einzelausstellung mit Werken von François Morellet. Zu sehen sind Exponate, die zwischen 1971 und 2009 entstanden sind. Die Vernissage findet am Mittwoch, den 10. November 2010 von 18.00 bis 20.00 Uhr statt. Die Ausstellung wird mit einer Einführung von Dr. Britta E. Buhlmann, Direktorin des Museums Pfalzgalerie Kaiserslautern, eröffnet. Gezeigt werden, neben einer Auswahl von Wand- und Papierarbeiten, herausragende Neoninstallationen sowie zwei ortsbezogene Arbeiten.

François Morellet (geb. 1926 in Cholet, Frankreich) zählt zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart. Der Durchbruch gelang ihm 1973/75, als das Pariser Centre National d’Art Contemporain eine große Ausstellungstournee in Frankreich organisierte. Seither wurde sein Œuvre weltweit in zahlreichen Ausstellungen präsentiert, u.a. im Centre Georges Pompidou (Paris), im Musée d’Art Contemporain (Montréal), im Solomon R. Guggenheim Museum (New York), im Museum of Contemporary Art (Tokyo) und wiederholt auf der Biennale in Venedig und der Documenta in Kassel. Bedeutende Museen auf der ganzen Welt besitzen seine Werke.

Morellets Arbeiten sind von der Op-Art und dem Minimalismus inspiriert. Er gilt als einer der Hauptakteure der europäischen „Geometrischen Abstraktion“. 1960 war er Mitgründer des Groupe de Recherche d´Art Visuel (GRAV), der die Möglichkeiten der Kunst wissenschaftlich-experimentell erforschen wollte. Obwohl sich die Gruppe 1968 auflöste, entwickelte Morellet diesen Weg in eine Richtung weiter, die ihn zu einer kritischen Infragestellung selbst geschaffener mathematisch-geometrischer Paradigmen führte.

François Morellet knüpfte an die Kunst von Max Bill, Theo van Doesburg und Hans Arp an und begann bereits in den frühen 1950er Jahren, seine subjektiven Entscheidungen zur Bilderfindung auf ein Minimum zu reduzieren. Bereits 1963 verwendete er die Neonröhre und gehörte damit zu den Ersten, die der Materialität des Neons künstlerisches Interesse entgegenbrachten – er war fasziniert von dessen Leuchtkraft, von der Automatisierung der Schaltprozesse und der maschinellen Herstellbarkeit. Den industriellen Charakter des Materials betrachtete er als Gewinn an Neutralität und nüchterner Sachlichkeit. Das Werk 3 trames de grillage (0 - 10 + 10) (1971), das noch unter dem Einfluss der Op-Art steht, ist ein Beispiel der puristischen, auf Linie und Fläche reduzierten Konstruktionsweise Morellets. In den 1970er Jahren begann er organische Materialien und geometrische Formen zu verbinden. Die strenge quadratische Form, die bis dahin seine Kunst gekennzeichnet hatte, wurde durch natürliche Materialien, wie zum Beispiel durch Äste, aufgebrochen. Es machte sich eine gewisse Unruhe in der geometrischen Ordnung breit, ein chaotisches Moment, das er zu einer dialektischen Synthese von Organischem und Geometrischem verband. Die Natur – so lautet seither die Kernaussage des Morellet’schen Schaffens – steht nicht im Widerspruch zur Kunst. Das führt dazu, dass sich Morellet immer leichtfüßiger zwischen Chaos und Kosmos, Ordnung und Unordnung bewegt und Gefallen an der „spielerischen Methode“ findet. So wird die Kreiszahl π mit ihrer unperiodischen Transzendenz zum neuen Parameter des Zufalls. Ein Moment dieses Spielerisch-Leichtfüßigen ist der Witz und die Ironie in der Kunst Morellets, das zum Beispiel in den Titeln Pegativ-Nositiv (2008) oder Strip-Teasing sur la pointe tirets 45-90º (2007) zum Ausdruck kommt.

Morellets zwei- und dreidimensionale Arbeiten führen optische Strukturen in minimalistischer Reduzierung vor und entstehen alle auf der Basis von zuvor gefundenen Systemen. In Tableau 5°-95°, angle néon (sur mur) 0°-90° (1980) handelt es sich um eine seiner bekanntesten Neoninstallationen, die im Museum Würth in Künzelsau und zuletzt 2006 anlässlich seines achtzigsten Geburtstages im Centrum Kunstlicht in de Kunst in Eindhoven ausgestellt wurde. Die rechtwinklige Neonröhre dient hier als „Hilfsmittel", um die optische Wahrnehmung der um 5° geneigten Leinwand hervorzuheben. Lunatique compact nº 3 (1996) gehört zu einer der ersten Arbeiten der 1996 begonnenen Serie Lunatique C. Die Form der Arbeit leitet sich von der des Mondes ab und spielt auf die gelegentlich Unruhe auslösende Wirkung des Mondlichtes an. Seine jüngsten in unserer Ausstellung gezeigten Arbeiten sind die drei Neoninstallationen Gesticulation n°1-n°3 (2009), die das Spiel der Gestik durch jeweils sechs gleiche Neonröhren zur Darstellung bringen und zuletzt in einer großen Einzelschau im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern zu sehen waren.

Den im Ausstellungsraum der Baukunst Galerie befindlichen Werken sind zwei ortsbezogene Installationen gegenübergestellt. Zum einen handelt es sich um eine Klebebandinstallation (2007) aus der Reihe Les Adhésifs, die Morellet seit 1968 direkt auf Wände oder andere feste vorhandene Untergründe – in der Baukunst Galerie auf Glas – anbringt; dabei entsteht ein Wechselspiel zwischen den horizontalen und vertikalen Linien des Klebestreifens und der baulichen Textur der Eingangstüren der Galerie. Zum anderen ist im Außenbereich die Neoninstallation Néon grimpant nº1 („Neon kletternd“) (1999) zu sehen – hier werden Konstruiertes und Gewachsenes miteinander verbunden; Kunst und Natur werden auf konzeptuellem Weg vereinigt, Natur und Industrie treten in ein dialektisches Wechselspiel. Auf diese Weise will Morellet die Wahrnehmung des Betrachters durch optische Reize irritieren und dadurch neu aktivieren, damit er dazu animiert wird, in neuen Strukturen zu denken.

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François Morellet