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»Ich kann nicht verstandesmäßig arbeiten, ich bin zu sehr Farbenmensch dazu.« Ernst Ludwig Kirchner

Die Pinakothek der Moderne verfügt mit 19 Werken von Ernst Ludwig Kirchner (1880−1938) über den umfangreichsten deutschen Gemäldebestand des Expressionisten, der zu den prägenden Künstlerfiguren des 20. Jahrhunderts zählt. Obwohl Kirchner als wegweisender »Brücke«-Künstler maßgeblich zur Revolution der Farbe beitrug, wurde er bislang kaum als »Farbenmensch« gewürdigt.

Die Ausstellung zeigt Ernst Ludwig Kirchners systematischen und experimentellen Weg zur Farbe und seine Auseinandersetzung mit der um 1900 kontrovers diskutierten Tradition der Farbenlehre. Die besondere Leuchtkraft seiner Bilder, die in ihrem koloristischen Spektrum noch immer fasziniert, hat Kirchner stolz sein »Erkennungszeichen« genannt.

Grundlage der Ausstellung ist ein Forschungsverbundprojekt unter Beteiligung des international renommierten Doerner Instituts der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, in dem die Malerei Kirchners seit 2009 umfangreich maltechnisch untersucht werden konnte. Erstmals wurde dem Werk eines Expressionisten damit eine systematische kunsttechnologische Forschung zuteil. Sie wirft neues Licht auf Kirchners vielgestaltiges, widersprüchliches und stetig weiterentwickeltes Werk.

Über Aspekte der Farbe hinaus ermöglicht die Ausstellung mithilfe von UV-, Infrarot- und Röntgenaufnahmen, sowohl Unterzeichnungen als auch Übermalungen sichtbar zu machen und umfassende Einblicke in den Arbeitsprozess des Künstlers und die Entstehung von Hauptwerken wie »Cirkus«, »Tanzschule« oder »Selbstbildnis als Kranker« zu geben. Im Gegensatz zum expressionistischen Klischee der Unmittelbarkeit erweist sich sein Schaffen als genau geplant und systematisch entwickelt − auch dort, wo es den Anschein der Spontaneität suggeriert: Mit großem technischen Raffinement gelingt es Kirchner, die Geschwindigkeit und Offenheit der Skizze in die Ölmalerei zu übertragen, die uns über hundert Jahre nach ihrer Entstehung durch die Vitalität und Direktheit des Farbauftrags noch immer in ihren Bann zieht.

Besonderes Augenmerk widmet die Ausstellung Kirchners kontinuierlicher Selbstreflexion und Stilkritik am eigenen Werk: Der Künstler überarbeitete frühere Kompositionen vielfach, um sie seinen aktuellen Stilidealen anzupassen. Außerdem verwarf er frühere Werke, indem er Leinwände umdrehte, bemalte und die Rückseiten zu Vorderseiten umwidmete.

Die doppelseitige Präsentation ausgewählter Gemälde macht erstmals auch diese ›Rückseiten‹ seiner Werke in der Pinakothek der Moderne zugänglich. Leihgaben von Zeichnungen, Skizzenbücher, Druckgrafiken und Fotografien zeugen von Kirchners künstlerischem Multitalent und seinem Interesse an der medienübergreifenden Gestaltung der Bildmotive.

Die Ausstellung umfasst rund 90 Exponate, darunter bedeutende Leihgaben aus öffentlichen Sammlungen wie der Kunsthalle Bremen, dem Kirchner Museum Davos, dem Städel Museum Frankfurt am Main, der Hamburger Kunsthalle und der Staatsgalerie Stuttgart, darüber hinaus hochrangigen deutschen und Schweizer Privatsammlungen sowie dem Nachlass Ernst Ludwig Kirchners in Wichtrach/Bern.

Das Forschungsprojekt und die Ausstellung werden in erheblichem Umfang vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Das Verbundprojekt wurde vom Doerner Institut der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in Kooperation mit der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und dem Kirchner Museum Davos sowie dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft Zürich durchgeführt.

Die Ausstellung und Publikation werden zudem großzügig durch die Initiativspende der Theo Wormland-Stiftung sowie die Förderer PIN. - Freunde der Pinakothek der Moderne e.V. und Legero - the footwear company unterstützt.