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Zu den besonderen Stärken der Dresdener Skulpturensammlung gehören figürliche Skulpturen von Rodin bis heute. Nur ein kleiner Teil davon konnte im Albertinum als Ergänzung zu den Gemälden der Galerie Neue Meister gezeigt werden. Die neue Ausstellung in der Skulpturengalerie des Zwingers gibt mit knapp 40 exemplarischen Werken der Zeit von etwa 1880 bis 2007 erstmals einen zusammenhängenden Eindruck von der Spannweite und Qualität der Sammlung. Sie wird ergänzt durch einige wertvolle Leihgaben.

Die Konzentration auf das Medium der Skulptur und die chronologische Anordnung lassen eine an radikalen Neuerungen reiche Entwicklung von Figur und Porträt erleben. Zugleich lässt die Ausstellung in der physischen Präsenz, die nur der Skulptur zu eigen ist, auch die Dargestellten Revue passieren, ob nun in der Form des Porträts oder der Ideal plastik. Die Zeitgeschichte des ausgehenden 19. und des 20. Jahrhunderts mit ihren Aufbrüchen und Katastrophen spiegelt sich so in bewegender Weise in den Skulpturen, welche sämtlich die Denkmalhaftigkeit früherer Epochen hinter sich gelassen haben.

Die frühesten Werke der Auswahl, Skulpturen von Edgar Degas und Auguste Rodin, waren in ihrer Zeit eine Provokation für das Publikum und wirken auch heute noch modern und aktuell. Statt geschönte Ideale und die Illusion von Vollkommenheit zu suggerieren, konfrontieren sie uns mit einer neuen Subjektivität, mit bewusst fragmentarischen Formen und neuen Materialien wie Gips, farbig gefasster Bronze und Textilien. Daran anknüpfend verkörpert Wilhelm Lehmbrucks „Kniende“ von 1911 eine neue Form überindividueller Ausdrucksplastik, deren Wirkung in Porträts und Statuetten der 1920er und 30er Jahre ablesbar ist. Das Individuelle vereint sich hier mit einer neuen aus dem subjektiven Empfinden gespeisten Idealität: Die Kunst wird zum Modell eines besseren Menschen.

Auf den Zusammenbruch 1945 reagiert die figürliche Skulptur mit unterschiedlichen Ansätzen. Werke von Emil Cimiotti, Bernard Schultze und Fritz Wotruba sind Beispiele für eine Kunst, die einer realistischen Darstellung misstraut und dennoch in ungegenständlichen Formen Energien des Figürlichen zum Ausdruck bringt. Dagegen halten die gezeigten Werke der 1950er und 60er Jahre von Eugen Hofmann, Gustav Seitz und Max Lachnit an der menschlichen Form fest und verleihen ihr eine zart gespannte Kraft, die wie eine neue Hoffnung wirkt. Die in der Dresdener Sammlung besonders gut vertretene Skulptur aus der Zeit der DDR offenbart ebenfalls unter schiedliche Auffassungen des Figürlichen. Neben selbstbewusst in kräftig gerundeten Formen artikulierten Werken von Fritz Cremer und Peter Makolies stehen Bronzeplastiken von Wieland Förster, Helmut Heinze und Siegfried Schreiber, die eher vorsichtig und zurückhaltend wirken und vieles ihres leisen Ausdrucks den fein nuancierten Oberflächen anvertrauen.

Die jüngsten Werke, entstanden zwischen 1997 und 2007, geben dem Thema eine neue Wendung. Zwei Arbeiten von Birgit Dieker, ein aus Schichten von Kleidungsstoff aufgebauter und dann eingeschnittener Kopf und die aus Hanf und Wasserrohren zusammengesetzte „Loreley“ verbinden die Sinnlichkeit der Materialien mit einem assoziativ konzeptionellen Zugang zur figürlichen Plastik. Auch in Martin Honerts „Mutprobe“, die sich auf den Schwarzweißfilm „Das fliegende Klassenzimmer“ bezieht, geht es weniger um die Darstellung einer bestimmten Person als um Emotionen und Erinnerungen, die durch die Skulptur beim Betrachter ausgelöst werden.

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Facetten der Moderne - Das Menschenbild im Wandel
Ausstellung der Skulpturensammlung, Zwinger, Bogengalerie, Eingang Nymphenbad

mit Auguste Rodin, Edgar Degas, Constantin Meunier, Wilhelm Lehmbruck, Wilhelm Gerstel, Karl Albiker, Fritz Maskos, Georg Kind, Will Lammert, Edwin Scharff, William Wauer (eigtl. Wilhelm), Carl Lohse, Eugen Hoffmann, Gerhard Marcks, Hermann Blumenthal, Max Lachnit, Fritz Wotruba, Eugen Hoffmann, Gustav Seitz, Emil Cimiotti, Bernard Schultze, Peter Makolies, Fritz Cremer, Wieland Förster, Siegfried Schreiber, Helmut Heinze, Birgit Dieker, Martin Honert