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„Ein Original von …“ ASpekte des Sammelns

Sammeln ist Ausdruck einer existenziellen, allgemein menschlichen Sehnsucht, nämlich Erinnerung wachzuhalten. Einerseits um dem Menschen Definitions- und Orientierungshilfen für seine eigene Gegenwart und seine Zukunft zu geben, andererseits, um die Vergänglichkeit des individuellen Lebens und der Gesellschaft durch die Weitergabe materieller Beweisstücke ihrer Existenz zu transzendieren. Das Sammeln von Zeugnissen der Natur oder Kultur setzt also ein Geschichtsbewusstsein voraus. Daher wir das Museum oft als Ort der Erinnerung verstanden, an dem alles das gesammelt und aufbewahrt wird, was sich als geschichtlich relevant, wertvoll und wichtig erwiesen hat. In ihren Ursprüngen waren die meisten Sammlungen konzeptuelle Systeme, durch die ihre Sammler versuchten, die Welt zu erforschen, zu verstehen und zu erklären. Sammlungen von Naturalien und Artefakten sind seit der Antike bekannt, und mit dem im 4. vorchristlichen Jahrhundert begründeten Museion in Alexandria, wurde erstmals ein Musentempel geschaffen, der mit seinen Sammlungen und seiner umfangreichen Bibliothek auch ein Hauptsitz der Wissenschaften wurde. In Europa entstanden seit dem 14. Jahrhundert repräsentative Sammlungen von Adeligen, kirchlichen Würdenträgern und vermögenden Bürgern, die in ihren Raritäten- und Kuriositätenkabinetten unterschiedslos Kunst, Artefakte und Naturalien versammelten. Das Interesse am Ungewöhnlichen und Seltsamen führte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Ausbildung von sogenannten Kunst- und Wunderkammern, die den Anspruch vertraten, als „theatrum mundi“ eine universellen Überblick über den Wissensstand ihrer Zeit zu geben. Gerade die Kunst der Avantgarde hat das Primat des persönlichen Geschmacks unterlaufen und praktisch abgeschafft, in dem sie vorgeführt hat, dass ein Kunstwerk gerade dann besonders sammlungswürdig und wertvoll sein kann, wenn es niemandem gefällt. Dabei entsteht die künstlerische Innovation weniger als Ausdruck der vielgerühmten künstlerischen Freiheit, die der gesellschaftlichen Aktualität ihrer Zeit einen Ausdruck geben will, sondern viel öfter unter dem Zwang, der ihr von der Sammlung selbst auferlegt wird, nämlich anders und neu zu sein, damit man Aufnahme in die Sammlung findet. Dieser Zwang wird besonders seit der Moderne durch die Rhetorik der künstlerischen Freiheit verdeckt. „Die wahre Freiheit des Künstlers bestünde eigentlich darin, sowohl das Alte wie auch das Neue produzieren zu dürfen.“ Diese Freiheit hat es aber in den verschiedenen Modernen nicht gegeben, da der Wiederholung des Alten und Bekannten der Vorwurf des Epigonentums und des Kitschs entgegenschlug. Zwar haben die größten Künstler der Avantgarde immer wieder gefordert, dass in der Kunst alles erlaubt sein sollte, doch gegen das Verbot der Wiederholung haben sich diese Forderungen als machtlos erwiesen. Die Kunst der Avantgarde kann daher nicht als Ausdruck einer persönlichen Freiheit des Künstlers gesehen werden, da dieser von Anfang an strategisch und mit Kalkül vorging. Wenn die Kunst aber nicht als authentischer Ausdruck der Individualität gelten kann, kann sie dementsprechend dann noch als Ausdruck ihrer Zeit oder Gesellschaft aufgefasst werden? Kann eine Sammlung zeitgenössischer Kunst dann noch Spiegel der Gesellschaft, Zeugnis der Zeit und Orientierungshilfe in der Gegenwart sein? Jede Sammlung strebt das Ideal der umfassenden Repräsentativität an. Der Privatsammler hat allerdings den Vorteil, dass er nur seiner eigenen Logik des Begehrens verpflichtet sein darf. Die Frage nach dem Sinn einer Kunstsammlung läuft wie die Frage nach dem Sinn der Kunst auf die Antwort hinaus, dass sie keinen Sinn (mehr) repräsentiert, falls unter dem Begriff „Sinn“ eine außerkulturelle, außerkünstlerische Realität gemeint ist, auf die die Kunst verweisen könnte oder sollte. Die Welt kann nicht mehr verstanden und im Sinne der frühen Wunderkammern erklärt werden und es mehren sich die Zweifel, dass sie noch verändert werden kann. Das einzige, das man tun kann, das einzige was bleibt, ist die Welt zu sammeln, vielleicht auch, damit was bleibt.

Die Welt wird in dieser Ausstellung repräsentiert durch: Wolfgang Becksteiner, Günter Brus, Josef Danner, Christian Eisenberger, Lorenz Estermann, Enrique Fuentes, Alfred Haberpointner, Josef Kern, Zenita Komad, Ronald Kodritsch, Hans Kupelwieser, Alois Mosbacher, Hermann Nitsch, Thomas Reinhold, Robert Schaberl, Hubert Scheibl, Anna Stangl, Thomas Stimm, Uta Weber, Wolfgang Wiedner und Markus Wilfling. (Text Roman Grabner, Copyright galerie gölles)

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„ein Original von …(II)“
Kurator: Roman Grabner

Künstler: Wolfgang Becksteiner, Günter Brus, Josef Danner, Christian Eisenberger, Lorenz Estermann, Enrique Fuentes, Alfred Haberpointner, Josef Kern, Zenita Komad, Ronald Kodritsch, Hans Kupelwieser, Alois Mosbacher, Hermann Nitsch, Thomas Reinhold, Robert Schaberl, Hubert Scheibl, Anna Stangl, Thomas Stimm, Uta Weber, Wolfgang Wiedner, Markus Wilfling