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Anlässlich der bevorstehenden Vollendung der seit 1985 in Etappen vorgenommenen Restaurierung des spätgotischen „Wiener Neustädter Altars“ im Wiener Stephansdom wird nunmehr die letzte Phase der von den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes geleisteten Restaurierung gezeigt. Die Ausstellung, die 19. der Serie Bedeutende Kunstwerke - in der traditionellen Zusammenarbeit der Österreichischen Galerie Belvedere mit dem Bundesdenkmalamt - ist gleichzeitig die dritte Ausstellung dieser Serie, die sich dem Wr. Neustädter Altar widmet. Diesmal steht die Restaurierung der Innenflügel im Mittelpunkt. Sowohl die gemalten Außenseiten der Innenflügel, als auch die Reliefs von den Innenseiten erbrachten hinsichtlich der Farbgebung sensationelle Resultate. Die nahsichtige Betrachtung ist - nachdem die Flügel freilich wieder in den Dom zurückgelangen werden - nur in dieser Ausstellung als einmalige Gelegenheit möglich. Um einen gestalterischen Bezug zur Gegenwart zu erlangen, werden – zeitgleich zu dieser Ausstellung - von spätgotischen Formen inspirierte Tuchmalereien von Cécile Nordegg und Jonathan Berkh im Museum mittelalterlicher Kunst und im Barockmuseum unter dem Titel Modern Ages. Neu: Alt = Kontinuität gezeigt. Somit wird das Ausstellungsunterfangen im Spannungsfeld von Tradition und Moderne zusätzlich aktualisiert.

Der sogenannte Wiener Neustädter Altar im Nordchor von St. Stephan wurde von Kaiser Friedrich III. 1447 gestiftet und 1885 aus dem Neukloster in Wiener Neustadt angekauft. Seitdem ist er der einzige gotische Altar und zugleich das größte und komplexeste mittelalterliche Kunstwerk des Wiener Domes. Von den, für das 14. und 15. Jahrhundert genannten über 30 gotischen Flügelaltären sind fast keine mehr erhalten. Die etappenweise vollendete Restaurierung und gleichzeitige Erforschung wurde gemeinsam von den BDA-Werkstätten und dem Dombaumeister koordiniert und finanziert. Wegen des Umfangs und den erst nach umfangreichen Voruntersuchungen geklärten besonderen Problemen des Projektes waren an die 40.000 Arbeitsstunden des bis zu zehnköpfigen Teams über 18 Jahre verteilt und Kosten von über einer Million Euro notwendig. Die Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes widmen sich seit 50 Jahren als einzige in Österreich besonders der Restaurierung und Erforschung von polychromen Skulpturen und Flügelaltären des Mittelalters auch in Verbindung mit Partnerinstituten in Europa. Mit den Gemälden, Fassungen von Skulpturen und Rahmung in verschiedenen Techniken und drei verschiedenen Metallauflagen waren an die hundert Quadratmeter künstlerisch aufwändig gestalteter gotischer Oberflächen zu bearbeiten. Die sorgfältige Reinigung hat eine ungeahnte Farbigkeit von Skulpturen und Malereien, Maßwerkschnitzereien und Rahmungen mit reich vergoldeten, punzierten und gemusterten Oberflächen wieder zum Vorschein gebracht. Im Zuge der Untersuchungen wurde klar, dass man bei den Skulpturen auch bereits ältere Werke einbezogen hat. Doch die überlieferte Gesamtkomposition und die Fassung von Schrein und Skulpturen sowie alle Malereien sind gemeinsam um 1447 in einer leistungsfähigen, leider anonymen Werkstatt in Wien oder Wiener Neustadt entstanden. Nach den Gemälden erhielt der Meister des Friedrichsaltares seinen Notnamen. Jetzt steht fest, das auch die gesamte Schrein- und Skulpturenfassung in derselben Werkstatt entstanden sein muss. Damit ergeben sich neue Perspektiven auf die Kunstproduktion dieser Zeit. Zu den konservatorischen Ergebnissen kommt jetzt die vollständige Dokumentation der Konstruktion und aller Herstellungstechniken mit genauen Materialanalysen (Hölzer, Farben), Untersuchungen zur Mal- und Fassungstechnik, zu den Musterschablonen und zur Unterzeichnung (Infrarotbefunde) etc. Sensationelle Entdeckungen konnten bei den Infrarotuntersuchungen der Gemäldeflügel gemacht werden. Dabei wurden nicht nur die graphische Unterzeichnung des Hauptmeisters und Abweichungen zur gemalten Ausführung sichtbar. Sondern es wurden erstmals schon vor der Malerei genaue Beschriftungen der Heiligennamen in lateinischer Fassung in Infrarotaufnahmen dokumentiert gegenüber einer deutschen Version in der gemalten Ausführung für das Volk. Pressetext

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Der Wiener Neustädter Altar in St. Stephan in Wien
Erforschung und Restaurierung 1985-2004
Eine Ausstellung der Österreichischen Galerie Belvedere
und des Bundesdenkmalamtes
Kurator: Manfred Koller
Koordination: Arthur Saliger