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KULTURPREIS DER STADT HAGEN DOTIERT VON DER SPARKASSE HAGEN CARSTEN GLIESE: 'MODELL OSTHAUS', 2005/06 Bei Carsten Glieses Arbeit für den Karl Ernst Osthaus-Preis mit dem Titel ‚Modell Osthaus‘ handelt es sich um einen Bildteppich für die große Halle des Karl Ernst Osthaus Museums, der die gesamte Bodenfläche bedeckt. Das Motiv des Teppichs übernimmt Gestaltungselemente eines klassischen Teppichs: Bordüre, Fond, Bildzentrum, Farbgestaltung. Auch stilisierte architektonische Darstellungen, wie z.B. von Grundrissen sakraler Bauten, gehören zu den Merkmalen traditioneller Teppiche. Anders aber als jene ornamental durchgestalteten Motive, ist hier das Bildmotiv eine Montage aus computerbearbeiteten Fotografien der Halle auf der Grundlage freigestellter Ansichten der Architektur, in wechselnden Größenverhältnissen und Perspektiven. Mittelpunkt ist eine Darstellung der Halle aus der Vogelperspektive; die Wände des Raumes sind wie bei einem Bastelbogen nach außen geklappt. Ihre Ausrichtung im Raum entspricht der architektonischen Situation. Dieses Zentrum wird von einer verschachtelten Konstellation weiterer Bildfragmente des Raumes umschlossen. Obwohl die Montage dieser Fragmente der architektonischen Gegebenheit der Ausstellungshalle folgt – der Boden folgerichtig an die zugehörige Wand und diese an eine entsprechende Nachbarwand stößt etc. -, ergibt sich keine homogene Perspektive, keine verbindliche Raumdarstellung. Dennoch verbleibt eine „Restmodellhaftigkeit“, eine gewisse Rückbezüglichkeit zum Raum.

Um die verwirrende Vielfalt des Teppichmusters in Augenschein zu nehmen, muß der Betrachter auf das Kunstwerk treten und kann, Schritt für Schritt, auf der Bildoberfläche die fotorealistisch erfaßten Details erschließen. Die Identifikation der diversen Gebilde wird dabei im steten Abgleich mit der umgebenden Architektur möglich. Dieser Wahrnehmungsprozeß erfordert Bewegung und Zeit, da das Bild mit seiner Fülle an Motiven und Formen die komplette Grundrißfläche der Museumshalle ausfüllt. In der Nahsicht zeigen die dargestellten Motive eine Tendenz zur Auflösung. Die Farbfelder zerlegen sich in ein Nebeneinander von reinen, unvermischten Farbpunkten. Dieses Pointillismus- beziehungsweise Pixel-Phänomen beruht auf der speziellen Produktionstechnik des Teppichs: ein Tintenstrahldrucker, dessen Skala 12 Farben umfaßt, bedruckt den Teppichflor, auf der Grundlage der vom Künstler erstellten Bild-Datei.

Sowohl die Farbmischung als auch das Erfassen der Gesamtkomposition bieten sich erst, wenn der Betrachter die Bildebene verläßt, um von höher gelegenen Standorten einen Überblick zu gewinnen. Dieser Standortwechsel ist die zwingende Voraussetzung für das Verständnis der Konzeption. Vor allem in der Übersicht kommen die Ausgewogenheit der Komposition in Bezug auf den irregulären Grundriß der Architektur sowie gleichzeitig das überbordende, nahezu barocke Moment in der Verarbeitung des reichhaltigen Motivschatzes zum Tragen. Aus der Distanz wird besonders deutlich, dass der Bildteppich traditionellen, klassischen Gestaltungselementen der Teppichkunst folgt.

Gliese hebt bewußt die Trennung zwischen Kunsthandwerk und ‘hoher’ Kunst auf. Er will “Kunst anwenden” und folgt damit einer Grundidee des Hagener Museumsgründers Karl Ernst Osthaus (1874-1921), auf den er sich im Titel seiner Arbeit programmatisch bezieht.

In der begleitenden Ausstellung zeigt Carsten Gliese aktuelle Arbeiten zum Thema ‚Modell‘, u.a. einen ca. 3 x 8 m großen Druck auf einer Vinylplane.

Katalog Im Laufe der Ausstellung erscheint ein Katalog mit Beiträgen von René Hirner und Birgit Schulte.

Pressetext

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Carsten Gliese: Modell Osthaus
Karl Ernst Osthaus-Preis 2006

Künstler:
Carsten Gliese

Namensgeber:
Karl Ernst Osthaus