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Eröffnung: Freitag, 28. Oktober 2016, 18-21 Uhr

Daniel Marzona freut sich, die erste Einzelausstellung mit Arbeiten von Braco Dimitrijević aus den spätern 1970er Jahren mit der Galerie anzukündigen.

Braco Dimitrijević kam 1976 im Rahmen eines DAAD-Stipendiums zusammen mit On Kawara, Malcom Morley, Dan Graham, Yvonne Reiner und anderen nach Berlin. Die erste Begegnung mit der Stadt, die von einer Mauer umgeben war, und voller Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg steckte, war schwierig für den jungen Mann, der im Jugoslawien der Nachkriegszeit aufge- wachsen war. Nach einer Phase der Eingewöhnung, in der René Block eine wichtige Rolle spielte, sollte sich Berlin als enorm inspirierend für eine der wichtigsten Schaffensphasen im Werk des Künstlers erweisen. Block lud Dimitrijević ein, im September 1976 in seiner Galerie in der Schaperstraße eine Einzelausstellung einzurichten, und wenig später realisierte der Künstler eine wichtige Arbeit im öffentlichen Raum, als er an der Fassade der Hochschule der Künste ein groß- formatiges, fotografisches Portrait einer Frau anbrachte – eine Arbeit aus seiner Casual-Passer- By-Serie. Ähnliche Fotografien hatte er schon in Paris, Neapel, Zagreb und Venedig und 1972 auf der documenta 5 ausgestellt, womit er sich erste internationale Anerkennung erwarb.

Einen anderen wichtigen Werkzyklus begann Dimitrijević ebenfalls in Berlin. Zum ersten Mal erhielt er nach sechsmonatiger Verhandlung die Erlaubnis, Installationen unter Einbezug von originalen Meisterwerken wie zum Beispiel Bildern von Mondrian, Kandinsky, Picasso oder Manet in der Berliner Neuen Nationalgalerie zu realisieren. In diesen Arbeiten, zusammengefasst unter dem Titel Triptychos Post Historicus, konfrontiert und vereint der Künstler 'Hochkunst' mit Alltäglichem und Natur und verändert so dauerhaft die Beziehung zwischen musealer Sammlung und Künstler, indem ein existierendes Werk aus der Sammlung als 'Ready-made' deklariert und letztlich als Ausgangspunkt für ein eigenes Werk genutzt wird. Die Werkserie Triptychos Post Historicus markiert nicht nur einen wichtigen Einschnitt innerhalb Dimitrijevićs künstlerischer Praxis, sondern erwies sich gleichsam als prophetisch für die wenig später einsetzende Tendenz der Appropriation Art und trug darüber hinaus zu einer Neubewertung kunstgeschichtlicher Chronologien durch Kuratoren und Museumsleute bei.

Berlin, ein Ort voller historischer Verweise, inspirierte den Künstler auch zu seiner fotografischen Serie This Could be a Place of Historical Interest, die später auf der documenta 6 ausgestellt wurde. Paradoxerweise zeigen die Fotografien stets unscheinbare Orte ohne offenkundige historische Bedeutung und stellen eben darum das gesamte Konzept historischer Wichtigkeit und die ihm zu Grunde liegenden Annahmen effizient in Frage.

Das wohl spektakulärste in Berlin entstandene Werk des Künstlers ist ein Denkmal im Garten des Schlosses Charlottenburg. Das Projekt, begonnen während seines Aufenthalts 1976, wurde erst 1979 mit finanzieller Unterstützung des Berliner Senats, der Berliner Lottogesellschaft, des DAADs und des Schlosses Charlottenburg umgesetzt. Ein 10 Meter hoher Obelisk aus weißem Carrara-Marmor wurde zu Ehren des Geburtstags von Peter Malwitz errichtet, den Dimitrijević rein zufällig getroffen hatte. Der Künstler ließ den Geburtstag der Zufallsbekanntschaft mit goldenen Lettern in vier Sprachen eingravieren: 11 March – This Could be a Day of Historical Importance. Dieser „Obelisk jenseits von Geschichte“, wie der Künstler sagt, ist ein monumentales Zeugnis früher Konzeptkunst und erinnert den Besucher des Schlossgartens noch heute an eine Ära, in der gewagte Kunstprojekte realisiert werden konnten.

Braco Dimitrijević wurde 1948 in Sarajevo geboren. Der Künstler lebt und arbeitet in Paris und New York.