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Die Einzelausstellung, welche am Samstag, den 16. Mai 2009 in der zweiten Etage von Aanant & Zoo eröffnet wird, zeigt Werke des Hamburger Künstlers Benjamin Yavuzsoy. Der Künstler wird zur Vernissage ab 19 Uhr anwesend sein.

Sprache ist das Medium des Denkens und der Weltauffassung schlechthin: Diese Definition, wie sie zuerst Wilhelm von Humboldt vorlegte, geht davon aus, dass Sprache für alle komplexeren Tätigkeiten und Denkvorgänge des Menschen unverzichtbar ist. Sprache ist damit nicht erst ein nachträgliches Mittel zur Verständigung zwischen Menschen, sondern jede Auffassung von Dingen und Sachverhalten in der Welt ist schon sprachlich strukturiert. Dinge und Sachverhalte werden durch die sprachliche Auffassung der Welt in kausale Sinnzusammenhänge gebracht, ohne die dem Menschen keine Orientierung in der Welt möglich wäre. Was aber geschieht, wenn die gesprochene Sprache oder das geschriebene Wort diese Ordnung in ein Moment des Zweifels zieht? Wie reagieren Rezipienten auf eine scheinbar willkürliche, unmotivierte und scheinbar zweckentfremdete schriftliche Botschaft im Alltag oder in der Arbeitswelt? Wer wiederum ist der Adressat einer solchen Nachricht, wie konnte diese Person zum Teil ungesehen in die Räumlichkeiten gelangen und für wen ist die Notiz überhaupt angedacht? Dieser Herausforderung stellt sich der 28-jährige, in Hamburg lebende Künstler Benjamin Yavuzsoy, sie ist sogar das zentrale Thema seiner vielfältigen Video-, Text- und Papierarbeiten. Gegen potentielle Missverständnisse will Yavuzsoy sich jedoch nicht absichern, denn die Beantwortung der vielen in Angesicht seiner zunächst unprätentiös wirkenden Arbeiten aufkommenden Fragen überlässt er gern der Vorstellungskraft seiner Rezipienten.

2009 gewann er mit seinen außergewöhnlichen und zugleich rätselhaften Video-Performances den begehrten Villa Romana Preis und stellt nun erstmals seine Arbeiten aus den Jahren 2003-2009 bei Aanant & Zoo aus. Benjamin Yavuzsoy liebt das Spiel mit dem Unbekannten, initiiert das Absurde, antizipiert das Abwesende und erwartet das Unerwartete. Hierzu mimt er einen Handwerker, eine Küchenhilfe, einen Hotelgast, nimmt die Rolle des heimlichen Besuchers einer Putzfirma ein oder ist stiller Beobachter einer banalen Alltagsszenerie. Subtilität ist hier das Stichwort. Mit Hilfe von Notizzetteln hinterlegt er dann irritierende und zusammenhangslose Sprachbotschaften wie „Ich bevorzuge in der Küche zu tanzen“ (2007) oder „Zucker ist schon drin!“ (2003). Immer wieder kehrt der Künstler an den Ort der geheimnisvollen Notizen zurück. Videoaufnahmen dokumentieren dabei das Geschehen. Mutmaßliches Ziel der Aktionen ist es, am nächsten Morgen unter den Mitmenschen für schnell überwindbare Verwirrung zu sorgen.

Yavuzsoys fühlt sich neben dem geisterhaft milden Verwirrspiel gleichfalls vom Akt des Generösen angezogen und es ist sein erklärtes Ziel, dass der Käufer seiner handgefertigten „Letter Paper“ (2004-heute) versprechen muss die Papiere an jeden weiterzuverschenken, der bei ihrem Anblick äußert, ebenfalls gerne ein Exemplar besitzen zu wollen. Seit 2004 produziert er jene fein linierten Blätter, die sich exakt an der DIN-Norm von industriell hergestelltem Blockpapier orientieren. Beinahe täglich zieht der Künstler, mit Hilfe eines Lineals und einem darunter liegendem „Model“ gerade farbige und nichtfarbige Linien über Papier – solange bis sich der von ihm benutzte Stift erschöpft hat. Das Ergebnis ist eine Originalzeichnung, die die industrielle Norm nie erreichen kann. Um den Künstler als Maschine ginge es ihm hierbei gewiss nicht, postuliert Yavuzsoy und er ergänzt: „Man wird immer erkennen, dass das Blatt von Hand gezeichnet ist.“ Was ihn hingegen fasziniert, ist die Endlosigkeit der selbst gewählten Aufgabe „die in sich gelöst“, also augenscheinlich unendlich ist.

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Benjamin Yavuzsoy
Letter Paper (Individual time)