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Mit NEWSROOM präsentiert die Galerie Parrotta aktuelle Arbeiten Benjamin Badocks, des “rising young star of Printmaking in Germany” (Christian Rümelin in: Print Quarterly, XXX, 2013, 2, S. 218-219). In Newsrooms, den Schaltzentralen der Nachrichtenagenturen werden eingehende Meldungen gesammelt, gefiltert und abgefasst, ehe sie zurückrauschen in den fortlaufend andauernden Nachrichtenstrom, um kurze Momente der Aufmerksamkeit zu generieren. Die neuen abstrakten Arbeiten von Benjamin Badock referieren auf diese Räume, ihre Strukturen und die darin stattfindenden Prozesse. Es sind Tageszeitungen, die Benjamin Badock durch unzählige Farbschichten bedeckt. Meist ohne vorbearbeitete Druckplatten, allein durch Falten und partielles Auflegen des Papieres auf den Druckstock, entstehen im Rahmen eines minutiösen Falt- und Druckprozesses die Arbeiten der Serie OFA. Die Zeitungsnachrichten verschwinden dabei fast vollständig oder treten partiell an einigen „farbfreien“ Stellen hervor. Neu und sichtbar wird das, was der Künstler dem Papier hinzufügt; Farbe, Brüche, Falze. Den Prozess ihrer Herstellung zwischen Falten, Drucken, erneutem Falten usw. bildet eine Serie neuer Arbeiten förmlich ab, indem dieser Vorgang wie eingefroren scheint. Dabei entstehen leuchtende dreidimensionale, nur annähernd geometrische, filigrane Papiergebilde. Neben medienreflexiven Überlegungen durchzieht die Arbeiten von Benjamin Badock eine Poesie des Alltäglichen, die sich der Reduktion verschrieben hat. Das wird besonders in seiner "Modul-Serie" evident. Bekannt aus vorangegangenen Ausstellungen in der Galerie Parrotta und dem Kunstmuseum Spendhaus Reutlingen schafft Badock hier in der Formensprache des Konkreten, mit Druckmodulen wie Quadrat, Dreieck und Kreissegment, Bilder zwischen geometrischer Abstraktion und plakativem Realismus. Benjamin Badock entfaltet eine abstrakte Welt der Gleichzeitigkeit, in der Oberfläche und Tiefe, Gegenwart und Vergangenheit, Alt und Neu, Vorder- und Rückseite nebeneinader zu liegen kommen, ohne deren Differenzen zu nivellieren.

GREGOR GAIDA Gregor Gaidas Edition »Waning Sun« gehört zu einer Serie von Skulpturen, die seit 2011 entstehen. Ausgehend von Tieren und organischen Körpern schafft Gaida faszinierende geometrische Objekte, bei denen er einzelne Aspekte vervielfältigt und in neuer Weise zusammenfügt. So auch bei der kleinen Skulptur aus Aluminium. Zwei Flügelpaare hat er spiegelbildlich aufeinander bezogen und zu einer komplexen Form verbunden. Reizvoll ist dabei der Gegensatz von festem, statischem Material und dem dynamisch-bewegten Flügelschlag. Die Skulptur erhält so eine überraschende, nach oben strebende Leichtigkeit. Die Flügel des Nektarvogels sind präzise und mit erstaunlichem Detailreichtum ausgearbeitet. Sie streben allerdings nicht einer untergehenden Sonne entgehen, wie es der Titel anspielungsreich andeutet. Eine solche romantisierende Naturvorstellung wird vielfältig konterkariert. Das Flügelpaar verwandelt sich durch das Vervielfachen eines einzelnen Fragments in ein dreidimensionales Ornament. Das Objekt ist damit auf befremdliche Weise schön und abstoßend zugleich. Es erscheint wie eine pervertierte, durch genetische Veränderungen erzeugte Missbildung, als wäre sie einem Versuchslabor oder einer historischen Kunst- und Wunderkammer entflogen. Das Zentrum der Skulptur bildet ein verspiegelter Hohlraum in Form eines Polyeders. Solch ein geheimnisvoller Raumkörper findet sich auch in Albrecht Dürers berühmten Kupferstich Melancolia. Wie die geometrische Form jedoch zu deuten ist, bleibt unklar. Sie ist für Gregor Gaida wie auch für Dürer ein wesentliches Element, das eine besondere Form ästhetischer Reflexion ermöglicht. Dadurch bleibt die Skulptur in ihren Bedeutungsmöglichkeiten offen.

Ingo Clauß, Weserburg Museum für moderne Kunst, Bremen

LISA MÜHLEISEN Auf monumentalen Maßen winkt uns ein kleines, aus mehreren Quadraten zusammengesetztes Smiley in die Ausstellung Hello Illusion! von Lisa Mühleisen. Es begrüßt uns im Entrée der Galerie mit der Freude von akzeptierter Selbsttäuschung und heißt uns mit unverblümter Direktheit willkommen. Seine Absicht ist klar, aber vor allem ernst zu nehmen, da sie symptomatisch für Lisa Mühleisens Arbeit ist. Denn obwohl das Dargestellte auf den Holzplatten in ihren Bildern einer gemalten Illusion zu Grunde liegt, nehmen wir es zuerst als Realität wahr und somit als Teil unserer Umgebung. So integriert Lisa Mühleisen das Hinterfragen eines erlernten Verhaltens und vorgeprägten Wissens schon in das Betrachten ihrer Arbeiten, um vermeintlich Unwichtigem eine Bühne zu bieten und scheinbar Eindeutigem auf den Grund zu gehen. Bedeutung ist demnach auch in der einfachen Schönheit einer Leerstelle zu finden. Denn die formale Poesie, die ein gemaltes leeres Blatt A4 Papier mit sich bringt, ist Teil des Potenzials einer ästhetischen Anti-Hierachie (vgl. Arthur C. Danto, Kunst nach dem Ende der Kunst). Die Illusion, die Lisa Mühleisen hier begrüßt ist die bildhafte, deren Wirkung das Dargestellte als Wirklichkeit erleben lässt. Mit ihr wendet sie sich gegen jegliche Art von beschönigendem Wunschdenken und dem Kaschieren-Wollen von banaler Realität. Natürlich dabei nicht ohne ironischen Unterton. Indem Lisa Mühleisen das Spiel mit der Bildrealität so auf die Spitze treibt, dass am Ende keine ästhetische Behauptung mehr absolut gesehen werden kann, etabliert sie in ihren Bildern eine Form von Direktheit. Diese manifestiert sich in holzgemaserten Malerpaletten und Leopardenmustern; in traumhaft glitzernden Farbflächen und metaphorischen Messlatten. Lisa Mühleisens Malerei mag augentäuschend sein, doch ist sie in keinem Falle illusorisch. Sie mag unsere Sinne täuschen, appelliert dabei aber an die Klarheit unserer Sichtweise. Hat die in Lisa Mühleisens Arbeit viel zitierte konkrete Kunst die Direktheit des Bildes in der Verbannung der Illusion aus der Malerei gesucht; holt Lisa Mühleisen diese Direktheit gerade durch die Illusion wieder zurück ins Bild. Ihre Arbeit Double Negative geht zwar den eleganten Umweg über die doppelte Verneinung, doch trifft sie – nicht nur rein aussagenlogisch – letztendlich dieselbe Bildaussage wie die eingangs erwähnte Arbeit mit dem uns zuwinkenden Smiley: Die Bejahung einer bildhaften Illusion zugunsten der Direktheit der Bildbehauptung. Oder schlichtweg: Hello Illusion! Nicola Höllwarth

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