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Die Ausstellung in der Galerie Max Hetzler, Zimmerstraße 90/91, die Arbeiten von 22 Künstlern aus Europa, den Vereinigten Staaten, dem Nahen Osten und Lateinamerika präsentiert, dokumentiert die ungebrochene Bindung an die eigenständigen Gattungen Zeichnung und Collage und die heutige Bedeutung dieser elementaren Medien. Nicht eingeschlossen sind Vorstudien, deren primärer Schwerpunkt eher konzeptuell als visuell ist.

Martin Kippenberger hat in seinen geistreichen Zeichnungen anspielungsreiche Worte in seine Bilder integriert: ein Gedanke, der nie zur Ruhe kommt und der zwischen den verschiedenen Bedeutungsebenen, die deutsche Geschichte beißend parodieren, springt.

Die Collage wird durch Albert Oehlen weit über die bloße Dada-Technik des Nebeneinanderstellens getrieben, ein Echo auf die Matrix der Kommunikationsmedien.

Günther Förg arbeitet im Bereich von Malerei, Fotografie, Zeichnung und Skulptur und behandelt sie bewusst als verschiedene Gattungen, deren Eigenarten er beibehält.

Chloe Piene sagt selbst über ihre Arbeiten: "Es gibt ein Spiel zwischen dem, was bedeckt und dem, was entblößt ist. Jede enthüllte Schicht wird zu einem Hinweis auf einen tiefer gelegten Punkt, eine intensivere Dunkelheit, ein neues Unbekanntes."

Neben der Abwesenheit von Chronologie und Narration, in ihrer Evokation von Phantastik und Traumwelt, ist es der Bezug von Figur und Raum, der in den Arbeiten von Jorge Queiroz auffällt: In allen seinen Zeichnungen erscheinen Figuren zwischen Pflanze, Mensch und Tier, die in irgendeiner Weise mit Räumen oder raumartigen Gebilden verbunden sind.

Graham Little benutzt Farbstifte, um seine Gegenstände in eine chromatisch getränkte Atmosphäre zu bringen. Es gelingt ihm, seine Darstellung von zeitgenössischen Fotomodellen mit dem traditionellen Bild der allegorischen weiblichen Figur zu verbinden.

Yves Oppenheims unwiderstehliche abstrakte Papierarbeiten zeigen die Zerbrechlichkeit unserer Wahrnehmungen. Er hat seine eigene introspektive Herangehensweise entwickelt.

Arturo Herrera stellt in seinem Werk eine Verbindung zum Betrachter her. Er setzt den unbewußten Prozess assoziativer Bedeutungen, der durch Wahrnehmungen ausgelöst wird, in Gang.

Die Maltechnik, die Beatriz Milhazes anwendet, beruht auf dem Prinzip der Collage. Sie verwendet Materialien wie Schokoladenverpackungen oder Seidenpapier, die Verführung, Vergnügen und Übertreibung ausdrücken. Sie verwandelt Elemente der Vergänglichkeit, um persönliche Hingebungsmuster auszuloten. Die ästhetische Zufriedenstellung ergibt sich aus der visuellen Freiheit und der emotionalen Erfahrung.

"Mental Maps" ist die Bezeichnung, die Franz Ackermann verwendet, um anzudeuten, dass jedes Werk die Reaktion des Geistes auf die Herausforderung einer bestimmten Umgebung ist.

Kara Walker greift auf volkstümliche Illustrationen zurück, um kulturelle Traditionen mit ihrer spezifischen Bildsprache zu untersuchen. Sie durchfurcht die Geschichte, um Rückschlüsse auf die Gegenwart zu ziehen. Insbesondere die Geschichte der afrikanischen Versklavung in Amerika entreißt sie der Vergessenheit. Walker schildert anschaulich grenzüberschreitende, zuweilen grauenhafte Taten, deren groteske Darstellungsweise die beunruhigende Dimension des Themas unterstreicht.

Frank Nitsches kleine Strichzeichnungen von verflochtenen Modellen sind kühn dahingeworfen. obwohl halb gelöschte Konturen vorhergegangene Inkarnationenen andeuten. Festgefügte, verdrehte Knoten werden wie zentral aufgehängte Gegenstände präsentiert.

Richard Phillips Zeichnung "Minnow Head" greift das Thema des verblassten Ruhms von Schönheiten auf, die nicht länger im Rampenlicht stehen. Sein Material hat er hauptsächlich aus Magazinen der 60er und der 80er Jahre zusammengesucht. Der apathische Blick der Modelle drückt den jeweiligen Zeitgeist aus, der sich von der flower power der Hippies bis zum durch und durch kommerzialisierten Sex-Appeal der Körper und Güter entwickelt hat. Zugleich beschwört er das Kollektivbewußtsein in Zusammenhang mit industrialisierter freier Liebe und Starkult.

André Butzers Zeichnungen schildern eine seiner Markenfiguren. Damit erweckt er den Eindruck, er wolle für Kinder zeichnen und zwar Bilder von Riesen, eine Spielzeugwelt, Überfluss und Monumentales. Er scheint ebenso an der leeren Oberfläche wie an dem Strohfeuer der paar Linien, die er zu Papier gebracht hat, interessiert zu sein.

Mike Kelley stellt verschiedene Zeichnungszyklen her und er weist jede Unterteilung zurück, die auf Parallelen beruht. Er ist an der graphischen Wirkung als ästhetisches Phänomen an sich interessiert, bei der man sich jeden graphischen Stils bedienen kann.

Die Zeichnungen von Ellen Gallagher verwickeln den Betrachter in Dialoge, die unsere aktuellen Vorstellungen von Rasse, Identität und geschichtlichen Traditionen überprüfen und in Frage stellen.

Christopher Wools Zeichnungen beschreibt man am besten mit einem Zitat aus Jerry Saltzs jüngster Kritik: "Sein Werk ist eine verwirrende und zugleich verführerische Kombination von Widerstand, Intelligenz und graphischem Gespür. Die Grenzen sind seitlich offen. Man kann also sehen, woraus sie bestehen und wie sie gemacht sind. Damit ist jeder illusionistische Spielraum ausgeschlossen."

Marepes Allegorien, bei denen glitzerndes Material auf Papier aufgetragen ist, erinnern an eine Formulierung seines brasilianischen Landsmannes Oiticica: "Urbanes, poetisches Ereignis". Man könnte noch hinzufügen: neues Leben zu Stillleben, soziale Stadt- und Vorstadtwidersprüche, die das Unentbehrliche und das Nutzlose verbinden.

Mona Hatoums Einsatz von Küchengeräten bei ihren zarten Abrieben auf japanischem Wachspapier eröffnet dem Betrachter eine neue Wahrnehmungsebene, unterstützt von ihren Andeutungen auf das tägliche Leben. Die Konsequenz davon ist, daß ihre Zeichnungen eine gequälte und zugleich eine quälende Wirkung haben.

Die abstrakten Zeichnungen des Videokünstlers Haluk Akakçe rufen Erinnerungen wach an imaginäre Räume und beschäftigen sich darüber hinaus mit Fragen wie Tiefe und Stille, im Gegensatz zu seinen Videos, wo Formen durch Bewegung definiert werden. Hier finden die Formen zu ihrer Bedeutung durch Schatten, und erzeugen die Illusion, als ob sie aus Papier heraus geprägt würden.

Darren Almonds Zeichnungen verfolgen den Weg der Sterne durch das Sonnensystem und verbinden sich so mit anderen Arbeiten des Künstlers, bei denen Themen wie Zeit und Raum sich fortlaufend wiederholen. Zu der Ausstellung erscheint ein Katalog mit einem Essay von Kirsty Bell.

Pressetext

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Arbeiten auf Papier
Zimmerstraße

mit Franz Ackermann, Haluk Akakce, Darren Almond, André Butzer, Günther Förg, Ellen Gallagher, Mona Hatoum, Arturo Herrera, Mike Kelley, Martin Kippenberger, Graham Little, Marepe , Beatriz Milhazes, Frank Nitsche, Albert Oehlen, Yves Oppenheim, Richard Phillips, Chloe Piene, Jorge Queiroz, Kara Walker, Christopher Wool