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Ein jeder von uns hat einen persönlichen Bezug zur Arbeit. Sei es, dass er/sie angestellt oder freiberuflich tätig ist, als Einsteiger mit konkreten Wünschen in das Arbeitsleben startet oder als Rentner den wohlverdienten Ruhestand geniesst. Erwerbsarbeit spielt eine tragende Rolle in unserer bürgerlichen Gesellschaft. Sie definiert sozialen Status und Zugehörigkeit, während bei Arbeitslosigkeit und Nichtarbeit Ausgrenzung droht. Die Fotografie hat schon früh Zeugnis erbracht, wie, wo und unter welchen Bedingungen Menschen gearbeitet haben. Dies sowohl von angestellten Werksfotografen, die das Innenleben eines Betriebs aus der Perspektive und nach den Vorgaben der Geschäftsleitung festhielten, als auch von freien Fotografen, die mit ihrem ungefilterten Blick Zugang zu den Produktions- und Handelsorten erhielten.

Die Ausstellung Arbeit/Labour schlägt inhaltliche und motivische Brücken, vom fortschreitenden Wandel der physischen Arbeit in den Fotografien von Jakob Tuggener und Sebastião Salgado, hin zur automatisierten und computerunterstützten Tätigkeit in den Werken von Henrik Spohler. Sie folgt über Kontinente und Jahrzehnte hinweg schleichenden, kaum sichtbaren Bewegungen in der Migration, festgehalten in den Werken von Richard Avedon, Volker Heinze, Ad van Denderen und Beat Streuli.

Ein Jahr nach seiner Gründung hat das Fotomuseum Winterthur 1994 bereits eine Ausstellung unter dem Titel Industriebild organisiert, in der damals verschiedene Firmenarchive aus der Ostschweiz zusammengeführt wurden (Fa. Bühler, Maggi, Sulzer, u.a.). Damals galt es, Bewusstsein für den historischen Wert von Fotoarchiven zu schärfen. In der aktuellen Ausstellung werden Dokumente wie diese in einen intermedialen Dialog mit der Gegenwart gestellt. Albuminabzüge von Bourne & Shepherd (1870) aus dem Volkart Fotoarchiv, in denen die Kolonialzeit des Welthandels zu sehen ist, treffen auf die zeitgenössische Porträtserie des Westschweizer Fotografen Nicolas Faure von Familien verschiedener Nationalitäten mit dem Titel „Citizens of the World – Meyrin“.

Frei von äusseren Vorgaben und in individueller Form haben Fotografen und Künstler jeweils in ihrer Zeit ein Abbild der Arbeit, des Besitzes und des Wohlstands gezeigt. Zeitgenössische Fotografien und Videoarbeiten von Lewis Baltz, Joachim Brohm, David Goldblatt wirken hier als dokumentarische Mittel und reichen weit über die sachliche Aufzeichnung hinaus. Ihre Werke kommentieren, gewichten, interpretieren und stellen differenzierte Lebens- und Arbeitsumstände vor.

Angewandte Dokumentationsmaterialien und künstlerische Fotografien spüren auf, dass sich die zur Unsichtbarkeit neigende Arbeit als Sediment in unterschiedlichen gesellschaftlichen Zuständen abzeichnet. Wie weit das Thema in den arbeitsfernen Alltag hineinreicht, bezeugen Aufnahmen von Mustersiedlungen und Arbeiterhäusern aus dem Von Roll Fotoarchiv, die das soziale Engagement der Firma markieren sollten. Die Luftaufnahme der reissbrettartig geplanten Altersresidenz „Sun City“ in Arizona von Peter Granser oder Joakim Eskildsens einfühlsame Bildserie der Roma in Griechenland, bezeugen dagegen unterschiedliche Vorstellungen von innerer Sicherheit und äusserer Ordnung.

Aus den im Fotomuseum Winterthur deponierten Fotoarchiven der Firmen Haldengut, Maag Zahnräder, Volkart und Von Roll sowie mit Werken von Richard Avedon, Joachim Brohm, Raphael Dallaporta/Ondine Millot, Joakim Eskildsen, Nicolas Faure, Peter Granser, Guido Guidi, Hans Hansen, Volker Heinze, Boris Mikhailov, Sebastião Salgado, Bruno Serralongue, Jules Spinatsch, Henrik Spohler, Joel Sternfeld, Beat Streuli, Shomei Tomatsu, Jakob Tuggener, Ad van Denderen, WassinkLundgren, Herbert Weber, Garry Winogrand u.a.