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Anton Henning (1964) hat 2005 an drei exponierten Orten der Kunst je eine ortsspezifische Installation realisiert: Den Frankfurter Salon in dem von Hans Hollein erbauten Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main, die 31 Apotheotische[n] Antiphrasen für Haus Esters in der von Mies van der Rohe erschaffenen Villa Esters, Krefeld und das Oktogon für Herford in dem von Frank Gehry erbauten MARTa, Herford. Diese sich über verschiedene Örtlichkeiten dehnende Werkschau speist sich aus Hennings enormem Bilder- und Skulpturenarsenal, dessen Reichtum und Doppelbödigkeit eine Vielzahl von Anordnungen und Inszenierungen ermöglicht.

So gibt sich der Frankfurter Salon als ein komplett von Henning gestalteter Raum, der – mit speziell angefertigten Möbeln und Lampen ausgestattet –, den White Cube in eine atmosphärische Lounge verwandelt. Die puristische Leere des Museums wird zu einem pastelligen Interieur umfunktioniert, dessen Wände, in asymmetrische Farbflächen aufgeteilt, als Hintergrund und Rahmen für Hennings Malereien dienen. Strukturen und Elemente der Bilder widerspiegeln sich in den Formen und Oberflächen der Möbel und Lampen, die der Künstler als plastische Varianten der malerischen Kompositionen versteht.

In Herford realisiert Henning ein im Radius 13 Meter messendes, begehbares Oktogon, das als Raum im Raum konzipiert ist. Der Künstler erfindet den Ort seiner Installation neu, indem er diesen zu einer autonomen Einheit mit eigenem Werkcharakter deklariert. Im Unterschied dazu nutzt der Künstler die Örtlichkeiten im Haus Esters, Krefeld in einem herkömmlichen Sinne. Er gestaltet die Räume nicht um, sondern inszeniert Bilder, Skulpturen und gefundene Gegenstände zu ironischen und das eigene Werk paraphrasierenden Abfolgen.

Dafür dominieren in Krefeld Bilder in massigen Holzrahmen mit eigens integriertem Licht oder freistehende Bilderkästen, die auf jeder Seite ein anderes Bild zeigen. Dadurch vollzieht Henning eine Verräumlichung der Malerei, die eine Umkehrung der bereits genannten Verräumlichung von Bildelementen in Form von Skulpturen darstellt. Hennings gegenständliche und ungegenständliche Bilder sind pastos gemalt und bilden ein Spektrum, das sich von Porträts und Stillleben über Pin-Ups bis hin zu Arabeskenbildern erstreckt. Motive und Sujets der Bilder wie Skulpturen sind verspielte und mitunter provokative Zitate der Kunstgeschichte, da sie oftmals in einer Weise vom Künstler trivialisiert werden, die an Kitsch und Dekor grenzt. Insofern mag es stimmen, dass die Kunstgeschichte für Henning „gleichermassen Rückhalt wie Angriffsfläche für ketzerische Travestie“ (Martin Hentschel) bedeutet.

In der zweiten Ausstellung des Künstlers in der Galerie Bob van Orsouw werden konzeptuelle Ansätze und Elemente der zuvor beschriebenen Ausstellungen zu einer neuen Rauminstallation amalgamiert. Auf Sockel stehende Skulpturen befragen den Status der Malerei, während vom Künstler bemalte Wände und hergestellte Leuchtkörper einen neuen Dialog über das Verhältnis von Werk und Interieur in Gang setzen. Eine Serie abstrakter und figürlicher Bilder zeugt einmal mehr von der hedonistisch bis libidinös anmutenden Lust des Künstlers am malerischen Prozess. Das Markenzeichen des Künstlers, der sogenannte „Hennling“, eine von Matisse abgeleitete Dreipassform, taucht in verschiedenen, das Bildgeschehen bestimmenden Variationen auf und verbindet die einzelnen Werke zu einem offenen Ganzen. Dieses stellt ein stetig wachsendes Formgebilde dar, an dem der Künstler als „hybrider Bilderzüchter“ (Anton Henning) unaufhaltsam laboriert.

Birgid Uccia

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Anton Henning
"Westwärts schweift der Blick: ostwärts streicht das Schiff"