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Die Nelson-Freeman Galerie freut sich die erste Einzelausstellung der französischen Künstlerin Anne-Marie Schneider in Deutschland ankündigen zu dürfen. Schneiders unermüdliche künstlerische Produktion war bislang vornehmlich um das Medium der Zeichnung zentriert, wobei sie sowohl mit Bleistift, Tusche und Kohle als auch mit Wasserfarben und Gouachetechnik arbeitet. Film und Skulptur konstituieren gleichsam eine Fortführung und Erweiterung dieser Arbeit.

Anne-Marie Schneider benützt die Zeichnung auf ähnliche Weise wie andere ihr persönliches Tagebuch. Ihre Zeichnungen entstehen als Antwort auf ein tief liegendes Bedürfnis, die Realität zu sublimieren und das tägliche Leben - wie von der Künstlerin wahrgenommen - abzubilden. Sie übersetzen Emotionen, die andernfalls keinen Ausdruck finden würden.

„Mein Zeichnen funktioniert ähnlich wie tägliches Schreiben. Es bewahrt mich davor, nur mit Worten zu schreiben. Es handelt sich um buchstäblich alltägliche Bilder. Die Charaktere sind grotesk und oftmals in einem häuslichen Umfeld angesiedelt - Ich liebe es, zu lachen, während ich mir angesichts des Elends der Welt auf die Zähne beiße.“ A-M.S.

Die in der Ausstellung versammelten Zeichnungen stammen aus den Jahren 2000 bis 2009. Sie beziehen sich auf ein umfangreiches Motivspektrum: Objekte, Tiere, Menschen finden sich - allesamt in hierarchiefreien Beziehungen vereint - neben gelegentlichen Hybridformen zwischen Lebewesen und Objekten. Sie sind entweder unmittelbar vom alltäglichen Leben inspiriert oder auf literarischen Vorlagen basierend und nehmen gelegentlich auch Bezug auf tagesaktuelle Meldungen oder bestimmte soziale Kontexte. Einzelne Motive wie der ‚Kopf-Baum\' oder der ‚Kopf mit Augenbinde\' werden von der Künstlerin in Serien gezeichnet, als ob es darum ginge, ein bestimmtes Ereignis oder Erlebnis auszutreiben.

Es finden sich zahlreiche Motive, die immer wiederkehren, wie zum Beispiel der Kreis oder das Ei, die einerseits auf das beschützende Bild eines Kokons verweisen, gleichzeitig aber auch Hemmnisse andeuten sowie als Symbole für Kreativität und Produktivität stehen können. Das Ei findet sich explizit in der in Berlin ausgestellten Skulptur ´Ohne Titel`, 2002. Sie besteht aus einer mit weißen Gipseiern gefüllten Hängematte. Die Zerbrechlichkeit des Aufbewahrungsortes spiegelt die Zerbrechlichkeit des Aufbewahrten, wobei die Schwere der Eier mit der zarten Fragilität der Hängematte kontrastiert.

Die früheren Zeichnungen wurden durch den Gebrauch präziser, nervöser Linien geprägt, die sich über die Blätter ausdehnten und sich zu offenen, in Entwicklung befindlichen Formen fügten. Demgegenüber bezeugen die neueren Zeichnungen eine Entwicklung in Schneiders Werk, die zu einem verstärkten Einsatz von Farbe und der Arbeit in größeren Formaten tendiert und eine veränderte Raumauffassung offenbart. Die Objekte sind nun nicht mehr zentriert angeordnet. Stattdessen besetzen unterschiedliche Motive und Bilderzählungen die gesamte Oberfläche der Blätter. Auffällig ist zudem eine eher malerische Haltung, welche die neueren Arbeiten kennzeichnet.

Die Zeichnungen werden in der Ausstellung entweder individuell präsentiert oder in Gruppen angeordnet. Neben ihnen zeigen wir die Skulptur ´Ohne Titel (Hängematte und Gipseier), 2002 und den bislang vierten Film ´Comme un Chien, 2007, der von einer Passage aus Kafkas ‚Der Prozess\' inspiriert ist. Ähnlich wie ihre früheren Filme ist auch dieser ein Super 8-Film, in dem sich dokumentarische Szenen mit animierten Sequenzen abwechseln. Der Übergang zwischen Dokumentation und Zeichnung folgt poetischen Assoziationen, wobei sich die animierten Sequenzen oft als Metaphern oder Kommentare zum dokumentarischen Material erweisen.

Anne-Marie Schneider changiert beständig zwischen einer genauen Beobachtung der alltäglichen Wirklichkeit und der Beschreibung einer poetischen Traumwelt. Der Übergang zwischen beidem ist grundlegend für ihre Arbeit. Aus einer persönlichen Welt voller Zerbrechlichkeit entspringt eine fantastische Poesie, die weit davon entfernt ist, naiv zu erscheinen.

Anne-Marie Schneider wurde 1962 geboren. Sie lebt und arbeitet in Paris. 1993 nahm sie an der Documenta X teil. 2003 und 2008 fand eine große Einzelausstellung im ARC-Musée d\'Art Moderne in Paris statt. Ihre Arbeit war mehrfach im Centre Pompidou zu sehen, wo sie 2007 an der Ausstellung ´Airs de Parisund 2009 an der Ausstellung ´Elle teilnahm. Das Het Domein Museum (Sittard, Niederlande) zeigt noch bis Januar 2010 eine Retrospektive unter dem Titel ´Jambes Longues`.

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Anne-Marie Schneider
Galerie Nelson-Freeman, Paris in der Konrad Fischer Galerie, Berlin