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„Ich bin in erster Linie ein Zeitzeuge“, erklärte Anja Niedringhaus (geb. 1965) einmal ihr berufliches Selbstverständnis in einem Interview. In dem 2001 geführten Gespräch bezog sich die Fotografin auf die dringliche, tagesaktuelle Relevanz ihrer Aufnahmen. Denn ein Großteil ihrer Fotografien entsteht in Krisen- und Kriegsgebieten: im Irak, in Afghanistan, in Libyen, Syrien und zahlreichen anderen Konfliktregionen.

Als Augenzeugin ist sie dabei immer direkt am Ort des Geschehens. Für die Nachrichtenagentur „Associated Press“ fotografiert sie als teilnehmende Kriegsberichterstatterin Kampfhandlungen, begleitet Soldaten während ihrer Einsätze an die Front(en) und dokumentiert das Leben und Sterben der Menschen im Ausnahmezustand militärischer Auseinandersetzungen. Sie liefert Bilder, die wir täglich in den Nachrichten konsumieren, sei es in Printmedien oder im Internet, und die daher seltsam vertraut erscheinen. Ihre Fotografien zeigen den Schrecken ebenso wie den Alltag des Krieges. Angst, Tod und Trauer sowie ein Bemühen um Normalität und Würde erscheinen darin manchmal in berührend beiläufig wirkenden Situationen, etwa wenn ein Panzer an einem Seeufer in Albanien 1993 von ausgelassen badenden Kindern kaum wahrgenommen zu werden scheint oder wenn ein in Afghanistan stationierter Soldat im Morgengrauen einsam mit ein paar Kerzen seinen Geburtstag begeht. Dabei gelingt es Niedringhaus stets, die Haltung einer unparteiischen Beobachterin einzunehmen und zugleich eindringlich darauf hinzuweisen, was der Krieg mit und aus Menschen macht.

Ab dem 21. Januar 2012 zeigt Situation Kunst (für Max Imdahl) eine Auswahl von etwa hundert Fotografien von Anja Niedringhaus. Entstanden in einem Zeitraum von knapp zwanzig Jahren dokumentieren sie Schauplätze und Ereignisse vergangener und aktueller militärischer Konflikte, angefangen mit dem 1992 begonnenen Bürgerkrieg in Bosnien bis zu den jüngsten Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Rebellen in Libyen, die Anja Niedringhaus zuletzt im März 2011 aufgenommen hat. Neben ihrer gesellschaftlichen Bedeutung als aufklärerische, niemals moralisierende, Informationsquellen zeichnet diese Fotografien vor allem ein unbestechlich präziser Blick aus. Er verleiht ihnen neben ihrer inhaltlichen Bedeutung eine besondere visuelle Qualität als Bilder. Auf diese Weise sind diese Fotografien mehr als bloße Dokumente – sie sind immer und in erster Linie Bilder menschlicher Existenz.

Zu den neueren Fotografien von Anja Niedringhaus ist im Hatje Cantz Verlag der Katalog At War erschienen, der im Kubus von Situation Kunst erhältlich ist (180 S., 78 Abb., 34 Euro).

Zur Eröffnung der Ausstellung am Samstag, 21. Januar 2012 um 17 Uhr wird Anja Niedringhaus anwesend sein und mit Prof. Dr. Antje Kapust (Ruhr-Universität Bochum) über ihre Fotografien und ihre Einsätze in Krisen- und Kriegsgebieten sprechen.

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Anja Niedringhaus
20 Jahre Fotografie aus Kriegsgebieten
Ort: Kubus von Situation Kunst (für Max Imdahl)