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Die in New York lebende Künstlerin Amy Sillman zählt zu den wichtigsten Malerinnen der Gegenwart. In ihren Arbeiten verbinden sich Gestus, Farbe und auf Zeichnung gründende Verfahren mit Fragen zu Feminismus, Performativität und Humor. Seit den frühen 1990er Jahren wird Sillmans Malerei von dem ehrgeizigen Unterfangen geleitet, den Gegensatz von Figuration und Abstraktion beharrlich zu korrumpieren. Während in manchen ihrer Gemälde figürliche Motive aus abstrakten Formen zu entstehen scheinen, entscheidet sich Sillman in anderen für die entgegengesetzte Richtung. Hier wirkt es vielmehr so, als lösten sich Momente des Gegenständlichen im Prozess ihrer Re-Präsentation umgehend in abstrakte Formen, Farben und Linien auf; Absichtliches wird zu scheinbar Zufälligem. Sillman selbst beschreibt das Verhältnis von Abstraktion und Figuration als »zwei Dinge, die Freund und Widersacher zugleich sind«, in diesem Sinne klären sich ihre aus Farbschichten aufgebauten Leinwände nie in ein Entweder|Oder. Farbgebilde werden mitunter von einer Form unterbrochen — einer Hand, einem Fuß oder einer Figur —, die im nächsten Augenblick in die Abstraktion zurückfällt. Ihre Gemälde sind bestimmt von einem mehrdeutigen Zustand, in dem unterschiedliche Kräfte produktiv und humorvoll miteinander ringen. Es ist der Prozess des Malens an sich, der im Zentrum von Sillmans Werk steht. Malen erweist sich hier als Akt des Konstruierens, Dekonstruierens und Rekonstruierens von Bedeutungen bzw. Formen, als Spannungsfeld, in dem unterschiedliche malerische Modelle und Figuren interagieren. In den letzten Jahren hat Sillman ihre Untersuchungen von der Leinwand auf die Bildschirme von Smartphones und Tablets ausgedehnt sowie auf die Einbindung von Zeichnung und die Herstellung von Fanzines, um die aktuelle Situation von Abstraktion, Farbe und Diagramm zu erforschen.

Mit Yes & No, einem Ausstellungsprojekt, das speziell für die KUB Arena konzipiert ist, setzt Sillman diese Auseinandersetzung fort, allerdings auf radikal andere Art und Weise: Indem sie alles zeigt außer ihren Bildern, verweigert sich Sillman nicht nur ihrem eigentlichen Betätigungsfeld — der Malerei —, sondern unterläuft gleichzeitig die Erwartungen des Publikums an eine Malereiausstellung. Stattdessen gibt Yes & No die Hintergründe zur Entstehung der abwesenden Werke preis und rückt das in den Vordergrund, was für gewöhnlich nicht gezeigt wird: die Gedanken der Künstlerin zum Prozess des Malens selbst, darüber, wie sie ein Bild entstehen lässt, oder zum Verhältnis von Fiktion und Realität, Abstraktion und Figuration. Es handelt sich um eine Präsentation über Anfang und Ende, Malerei und Zeichnung sowie das Zusammenspiel von Sehen, Sagen und Bezeichnen. Was ist anwesend, wenn das Subjekt als solches abwesend ist? Was wäre, wenn stattdessen alles präsentiert würde außer der Malerei: ein Diagramm, das Abstraktion »erklärt«, eine Präsentationsplattform, ein Fanzine mit einem Interview, vielleicht gar ein Farbschema, aber gerade keine Malerei?

Kuratiert von Eva Birkenstock.

Biografie Amy Sillman schloss ihr Studium an der School of Visual Arts in New York mit dem BFA ab und erhielt 1995 ein MFA vom Bard College. Ihr Werk wurde mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet, überregional ausgestellt und ist in zahlreichen öffentlichen Sammlungen vertreten, unter anderem im Museum of Modern Art in New York, dem Art Institute of Chicago, Metropolitan Museum of Art, San Francisco Museum of Modern Art und dem Whitney Museum of American Art. Die von Helen Molesworth kuratierte erste große Überblicksausstellung ihres Werks »one lump or two« fand 2013 am ICA Boston statt und tourte anschließend zum Hessel Museum of Art am Bard College und dem Aspen Art Museum. Im Dezember 2014 wird Amy Sillman an der von Laura Hoptman kuratierten Gruppenausstellung »The Forever Now« am MoMA, New York, teilnehmen.