press release only in german

Die Ausstellung „ALLES IM FLUSS. Ein Panorama der Elbe“ thematisiert am Beispiel des Elbabschnitts zwischen Altona und Schulau die kunst- und kulturgeschichtliche sowie die wirtschafts- und naturhistorische Entwicklung dieser Region in den vergangenen 250 Jahren. In fünf Raumeinheiten auf insgesamt 1.200 Quadratmetern wirft die Ausstellung anhand des umfangreichen Sammlungsbestands des Altonaer Museums und zahlreicher Leihgaben einen multiperspektivischen Blick auf den Fluss und sein Verhältnis zur Region Altona. Die Ausstellungsbereiche „Auf dem Fluss“ und „Am Fluss“ dokumentieren die bedeutende Rolle der Schifffahrt für die Geschichte Altonas und den sich wandelnden Blick auf das Elbufer anhand von Schiffsmodellen und der Bildersammlung des Altonaer Museums. Zwei weitere Räume betrachten die Elbe aus den Blickwinkeln der zeitgenössischen Kunst und der Medien. Während sich der Raum „Joseph Beuys“ der Entstehung und den Hintergründen des von Beuys 1983 im Zuge der Hafenerweiterung in Altenwerder begonnenen Kunstprojekts widmet, werden unter dem Titel „Über den Fluss“ historische Filmdokumente verschiedener Genres gezeigt. Den Abschluss bildet der Ausstellungsbereich „Im Fluss“, der sich mit dem Themenbereich Fischerei und mit der Elbe als biologischem Lebensraum und auseinandersetzt.

Idee der Ausstellung Mit der Ausstellung „ALLES IM FLUSS. Ein Panorama der Elbe“ möchte das Altonaer Museum unter Verwendung neuer Gestaltungsformen einen multiperspektivischen Blick auf die Region Altona und ihr Verhältnis zur Elbe werfen. Ausgehend von der umfangreichen Bildersammlung des Museums zur Elblandschaft zwischen Altona, Willkommhöft und Schulau macht die Ausstellung das vielschichtige Verhältnis von Land und Fluss aus kulturgeschichtlichen und kunsthistorischen Blickwinkeln transparent und geht der Frage nach, inwiefern die Elbe als Tor zur Welt dem Leben vor Ort seine spezifische Prägung gegeben hat. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht deshalb die Präsentation historischer und aktueller Austauschprozesse, die Altona in die Welt und die Welt nach Altona bringen.

Thema der Ausstellung Die Geschichte Altonas, seine vielfältige Kultur und seine besondere Rolle in Nachbarschaft zur Hansestadt Hamburg sind ohne die Einbeziehung der Elbe nicht zu verstehen. Das Leben am Fluss unterscheidet sich grundsätzlich vom Leben auf dem Land. Die unaufhaltsam strömende Elbe mit allem, was sie enthält, was sie bringt und fortschafft, ist untrennbar mit den Lebens- und Arbeitsgewohnheiten in Altona verbunden. Sie bringt Neues, Anderes, Fremdes, Erwünschtes und Unerwünschtes, das vor Ort angeeignet und verwertet werden muss und so das lokale Gefüge immer wieder verändert – ob es sich um Waren, um Menschen, um neue Technologien oder kulturelle Gepflogenheiten handelt. Diesem steten Wandel ist allerdings auch der Fluss selbst unterworfen. So wenig wie das, was die Elbe herbeiführt, in jeder Hinsicht vorhersehbar ist, so ist es auch der Fluss selbst: im Gegensatz zum Land ist er permanent in Bewegung auf das Meer hin, er fließt, er verändert seinen Pegelstand und ist von der Tide geprägt. Der Fluss folgt anderen Gesetzen als das Land. Und so, wie das Land immer daran interessiert ist, seine Regeln und Gesetze so weit wie möglich in den Fluss hineinzuverlagern, wie es sich z.B. in Schiffen oder Bojen manifestiert, so „kratzt“ auch der Fluss stetig und ständig am Ufer und damit am Land. Dieses dynamische Wechselverhältnis zeigt sich exemplarisch in den Bildern der Elblandschaften. Sie erzählen auf ihre Weise die Geschichte des Lebens mit dem Fluss über drei Jahrhunderte hinweg und zeigen, wie sich die kulturelle Wahrnehmung von Fluss und Land in ihrer dialogischen und dialektischen Beziehung gewandelt hat. Die Bilder loten aus verschiedenen Blickwinkeln das Verhältnis von lokalem Raum und imaginärer oder symbolischer Ferne immer wieder neu aus. Die Schiffe und die Schifffahrt als wichtigstes Bindeglied zwischen Wasser und Land erweisen sich als das zentrale „Medium“, entlang dem sich die gemeinsame Entwicklung von Stadt und Fluss beobachten lässt.

Inhalt der Ausstellung Die Ausstellung setzt sich in insgesamt fünf Raumeinheiten mit verschiedenen Aspekten der Elbe und ihrer Beziehung zur Region Altona auseinander. Die Bildersammlung des Altonaer Museums fungiert hierbei als übergreifender Fundus, der sich in unterschiedlicher Dichte gleichsam als roter Faden durch die gesamte Ausstellung zieht und die unterschiedlichen Perspektiven miteinander verbindet. Sie umfasst für das 18. und 19. Jahrhundert vor allem Malerei und Grafik, im 20. Jahrhundert zunehmend auch Fotografie und Film. Die Bilder sind nach chronologischen, topografischen und thematischen Aspekten geordnet, um die Strecke zwischen Altona und Willkommhöft/ Schulau aus mehreren Blickwinkeln zu illustrieren. Doch eine Geschichte der Elbe lebt nicht nur von Dokumenten und Ansichten der Vergangenheit, sondern in besonderem Maße von den zeitgenössischen Perspektiven. Eine Gruppe von 16 Studierenden der Hamburger Hochschule für bildende Künste nutzte die Gelegenheit, ausgehend von den eigenen Interessen, Materialien und Medien, Beiträge zum Thema Elbe zu entwickeln. Sie präsentieren über alle 5 Räume der Ausstellung, zwischen den anderen Exponaten verteilt, vielfältige und neue Aspekte vom Fluss durch Erzählungen, Klänge, Interviews, Installationen, Collagen, Zeichnungen und Malerei. Längsseits und aus dem Augenwinkel betrachtet, bewusst verkürzend, mitunter auch ironisch zur Übertreibung neigend, nehmen sie den Fluss und die Ausstellung selbst in den Blick.

Raum 1: AUF DEM FLUSS Der erste Ausstellungsbereich thematisiert das Geschehen auf der Elbe, dessen Geschichte im Wesentlichen durch den Verkehr von Schiffen verschiedenster Art geprägt ist. Die Schiffe sind das zentrale Bindeglied zwischen Stadt und Fluss, sie sorgen für den Transport von Waren und lieferten Altona somit seit Jahrhunderten die Basis für Handel und Wandel. Andererseits transportierten sie gleichzeitig Unberechenbares – Krankheiten, exotische Güter und fremde Sitten - so dass nichts, was die Schiffe brachten, ohne Folgen für den Ort blieb. Diese für die Entwicklung Altonas entscheidende Ambivalenz wird in sieben thematisch gestalteten Containern aufgezeigt. So präsentieren die Themen-bereiche „Kolonialwaren“ und „Sammelgüter und Preziosen“ zahlreiche Objekte und Produkte, die aus Asien, England und Übersee nach Altona gelangten, der Container „Fracht“ beschäftigt sich mit den Aufgaben und Problemen des Zolls im Containerhafen. Unter den Rubriken „Krankheiten und Unglück“ bzw. „Sitten“ setzt sich dieser Ausstellungsteil mit der von Mythen geprägten Lebenswelt des Seemanns an Bord und an Land auseinander. Fotografien von Matrosen und eine Musikbox mit Seemannsliedern erzeugen eine Atmosphäre wie in der legendären Haifisch-Bar. Ergänzt werden diese Themencontainer durch eine Parade von 29 Schiffsmodellen, die exemplarisch die Entwicklung vom Segelschiff über das Dampfschiff bis zum Containerschiff dokumentieren.

Raum 2: AM FLUSS Die Elblandschaft um Altona ist schon früh ein Lieblingsthema der Malerei. Weite, Ausblick und Fernweh – kaum ein Künstler, den diese Motive nicht fasziniert hätten. Im Mittelpunkt der Darstellungen steht dabei immer die Komposition aus Land, Wasser und Ufer. Ob beim idyllisch-romantischen Blick über die Landschaft, beim Festhalten des Strand- und Badelebens oder bei der fast dokumentarischen Wiedergabe der sich entwickelnden Industrie – stets bildet das Ufer eine geografische und zugleich imaginäre Grenze zwischen dem Land und dem Wasser mit seinen Schiffen und verbindet auf diese Weise das Eigene mit dem Unbekannten. Die Bildersammlung zur Elblandschaft steht in ihrer topografischen Dimension im Mittelpunkt dieses Ausstellungsteils. Eine Projektion, in der verschiedene historische und zeitgenössische Ansichten auf den Köhlbrand aus den letzten 250 Jahren ineinander übergeblendet werden, eröffnet diesen Themenbereich, im dem es in erster Linie um die Veränderungen der Elblandschaft und der Reflexion dieser Veränderungen im Kontext der Kunstgeschichte und der Architektur geht. Auf der kunsthistorischen Ebene ist es der auf den Bildern festgehaltene Blick auf die Landschaft, der vieles über das kulturelle und politische Bewusstsein der jeweiligen Zeit verrät. Dominierte bis ins ausgehende 18. Jahrhundert auf den Bildern der Elblandschaft der Blick vom Wasser auf die Stadt, verändert sich ab 1780 die Perspektive und der Blick vom Ufer aus über die weitläufige Flusslandschaft Altonas und seiner Umgebung wird zum exemplarischen Sujet. Die Auftraggeber der neuen Darstellungen waren vor allem Hamburger Kaufleute und Reeder, die sich zu dieser Zeit auf ihren Landsitzen zwischen Altona und Blankenese ansiedelten. Die Rolle des Reeders für das Selbstverständnis Altonas bildet deshalb einen weiteren Schwerpunkt dieses Ausstellungsraumes.

Im Bereich der Architektur konzentriert sich dieser Ausstellungsteil auf das Altonaer Elbufer als beliebten Standort für repräsentative Bauwerke. Die Ausstellung dokumentiert anhand von Zeichnungen, Fotografien, Plänen und einem Modell die baugeschichtliche Entwicklung an der Elbe von der klassizistischen Landhausarchitektur über die Pläne der Nationalsozialisten, die Uferbebauung zu Propagandazwecken zu benutzen, bis hin zu den postmodernen Hochhäusern (z.B. Dockland) der letzten Jahre. Über die Ebenen der Kunstgeschichte und der Architektur wird neben der Geschichte der Wahrnehmung von Landschaft und Uferbebauung zugleich die Entstehung der Industrie und des Freizeit-, Strand- und Badelebens dokumentiert.

Raum 3: Joseph Beuys Das zunehmende Versanden und das damit verbundene regelmäßige Ausbaggern der Elbe stellt seit Jahrzehnten eine vieldiskutierte Gefahr für die Nutzung des Flusses als Verkehrsweg der Containerschiffe dar. Der Ausbau des Hafens, mit dem dieser Gefahr begegnet werden sollte, hatte und hat allerdings stets Konsequenzen für die Anwohner in der Elbregion. Anfang der 1970er Jahre begann wegen der geplanten Hafenerweiterung die Zwangsumsiedlung des Fischerdorfes Altenwerder an der Süderelbe. Die Häuser wurden abgerissen und übrig blieb nur die Dorfkirche mit Friedhof, die heute noch von der Autobahn aus zu sehen ist. Für den Konflikt, der aus dem Vorrang wirtschaftlicher Interessen vor Umwelt- und Sozialfragen entstand, interessierte sich auch Joseph Beuys, der im Mai 1983 neben anderen Künstlern von der Hamburger Kulturbehörde aufgefordert worden war, im Rahmen des Großvorhaben Stadt – Natur – Skulptur ein Kunstwerk für eine städtische Restfläche eigener Wahl zu entwerfen. Das Projekt von Beuys mit dem Titel „Gesamtkunstwerk ‚Freie und Hansestadt Hamburg’“ beinhaltete einerseits, die zur Wüste gewordene Wirtschaftsfläche langfristig wieder zugänglich zu machen und zu renaturieren und andererseits, mit einem Büro in der Hamburger Innenstadt ein unabhängiges Forum zur ökologischen Umgestaltung des gesamten Stadtstaats aufzubauen. Nachdem Beuys ein Jahr an seinen Plänen gearbeitet hatte, wurde eine Realisierung seines Vorhabens durch den Senat der Hansestadt Hamburg verhindert. Dieser Ausstellungsbereich dokumentiert erstmals die ersten Ergebnisse des Beuysschen Kunstprojekts „Gesamtkunstwerk ‚Freie und Hansestadt Hamburg’“ als eine Form der sowohl künstlerischen als auch gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung mit der Elberegion als biologischem und sozialem Lebensraum. Gezeigt wird neben originalen Projektskizzen und damals entstandenen Fotografien auch der etwa 10 Zentner schwere Bleistein (ca. 170 x 60 cm), der symbolisch auf den gesellschaftlichen Konflikt um Altenwerder aufmerksam machen und die „Todeszone“ als „Kunstzone“ in das öffentliche Bewusstsein heben sollte.

Raum 4: Über den Fluss – Die Elbe im Film Auf zwei Bildschirmen werden in diesem Ausstellungsraum historische und zeitgenössische Filmdokumente gezeigt, in denen die Elbe ihre jeweils eigene Rolle spielt. Ausschnitte aus Dokumentar- und Spielfilmen, die zwischen 1925 und 2001 gedreht wurden, zeigen die Elbe als ein Gewässer im stetigen Wandel. Der chronologisch geordnete Bilderreigen erzählt ähnlich viel über die Menschen am Fluss wie über den Gezeitenstrom und auch über die Bilder selbst, die von ihm gemacht werden. Anhand von Ausschnitten aus Dokumentationen wie „Hamburg der Zwanziger Jahre“ (1925) und „Der Taucher“ (1949), historischen Wochenschau-Berichten und Ausschnitten aus einigen Spielfilmen bekommen die Besucher die Möglichkeit, die jüngere Geschichte der Altonaer Elbregion noch einmal filmisch mitzuerleben. In Form einer chronologisch gestaffelten Collage ausgewählter Passagen dokumentieren diese Beispiele, welche Bedeutung dem Fluss im Medium Film verliehen wurde.

Raum 5: IM FLUSS – Der Lebensraum Der fünfte Ausstellungsbereich beschäftigt sich mit dem Geschehen im Fluss. Die Elbe ist nicht nur Schifffahrtsweg, Industriestandort und Landschaftsidylle, sondern auch Lebensraum zahlreicher Tiere und Pflanzen. Charakteristisch für die Elbe als biologischer Sphäre ist der Einfluss der Nordsee, denn schon unterhalb Hamburgs beginnt die immer breiter werdende Flussmündung der Elbe, in der sich die Wasserströmung mit Ebbe und Flut alle sechs Stunden umkehrt. Als exemplarisch für die Fischwelt der Elbe und ihre Bedeutung für die kulturelle Geschichte Altonas wird in diesem Raum die Biografie des Aals erzählt, um den sich nicht zuletzt wegen seines schlangenförmigen Aussehens etliche Mythen ranken.

Begleitpublikation Zur Ausstellung erscheint ein ca. 80-seitiges Begleitheft mit Texten und Bildern zu den einzelnen Themenbereichen. Unter den Autorinnen sind u. a. die Schriftstellerin Brigitte Kronauer und die Journalistin Hella Kemper.

Rahmenprogramm Im Rahmen der Ausstellung veranstaltet das Altonaer Museum in Zusammenarbeit mit Cinegraph Hamburg und dem Bundesfilmarchiv Berlin einen monatlichen Kinoabend mit ausgewählten Filmen zum Thema „Elbe und Altona“. Eine Vortragsreihe zur Ausstellung wird Anfang 2007 beginnen.

Pressetext

only in german

ALLES IM FLUSS
Ein Panorama der Elbe
Die große Jahresausstellung im Altonaer Museum

mit Lovis Corinth, Joseph Beuys, Peter Bialobrzeski, Janine Eggert, Patrick Farzar, Nadja Frank, Kailiang Yang, Marte Kiessling, Ulrike Pfeiffer, Philipp Ricklefs, Dennis Scholl, Jörn Stahlschmidt ...