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Seit Eröffnung des Kunstmuseum Dieselkraftwerk im Mai 2008 wurde der Raum M 1 im Maschinenhaus wiederholt von Künstlern auf sehr eigene Weise "bespielt". Dieses Mal nun wartet die junge polnische Medienkünstlerin Agnieszka Polska (Jg. 1985) mit einem Ensemble aus Fotoarbeiten und Videoprojektionen in räumlicher Verschränkung auf. Das übergreifende Thema ihrer jüngsten Werke lässt sich vielleicht als eine besondere Kunst des Erinnerns umschreiben. Wobei es der Künstlerin vor allem um das Kommunizieren von Kunstwerken geht oder besser deren Präsenz in den verschiednen Medien und als Bildergedächtnis in unseren Köpfen. Und zwar beschäftigt sie jener Umschlagpunkt, wenn Kunstäußerungen hinter dem Horizont der Aktualität verblasst sind und sich deren Kontexte aufgelöst haben. So zielen ihre Interventionen auf zweierlei ab: Sie hinterfragt die scheinbar so gewichtige, ja oftmals als Werk begründende Kategorie der Aktualität genauso, wie den überbordenden Hang zur Erklärungsbedürftigkeit von Kunstwerken. Es ist eine gewisse Skepsis, die sich im spielerischen Auflösen und Neuzusammenfügen bekundet, die aber auch einen neuen Blick auf die Kunstgeschichtsschreibung der letzten Dekaden, etwa der letzten 50 Jahre eröffnet.

Mit Slow-Motion-Bildern und befremdlichen Animationen steuert Agnieszka Polska in ihren Videoarbeiten gegen die Schnelllebigkeit unserer Zeit. Dabei bedient sie sich der Schwarz-Weiß-Ästhetik und Grobkörnigkeit alten Bildmaterials. Sie treibt ein aberwitziges, teils paradoxes Spiel mit den Werken und Wirkungen, mit den Reproduktionen und Strukturen - sie löst dergestalt das scheinbar feste System der Wahrnehmungs- und Kunstvermittlung auf. Die Künstlerin sagt dazu: "Wie ein lebendiger Organismus lebt und verändert sich das Archiv unablässig, endlos multipliziert es Bilder seiner selbst. Elemente, die während des Archivierungsprozesses verneint oder abgelehnt werden, treten später als schwarze Materie unseres Unterbewusstseins wieder hervor". Damit stellt sie die These von André Malraux’ "imaginären Museum", das in unserem Bewußtsein recht statisch existieren soll, in Frage, bzw. bette diese in einen ganzheitlich gesehenen Kontext wieder ein. Die einstmals als "Klassiker" gesetzten Werke entwickeln ein neues, absurdes Eigenleben und werden zu belastungsfreien Spielzeugen. Wie etwa im Video "Meine Lieblingssachen" (2010). Wobei sich hier kunstgeschichtlich hochgradig "kontaminierte" Objekte - wie das "Fahrradrad" von Marcel Duchamp - und Alltagsdinge bunt durcheinander mischen.

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Agnieszka Polska
DECADES