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„Akademie“ ist eine internationale Reihe von Ausstellungen und Projekten, die – initiiert vom Siemens Arts Program in Kooperation mit dem Kunstverein in Hamburg, dem Goldsmiths College in London, dem Museum van Hedendaagse Kunst Antwerpen und dem Van Abbemuseum in Eindhoven – in den nächsten beiden Jahren stattfinden wird. „Akademie. Kunst lehren und lernen“ im Kunstverein in Hamburg bildet den Auftakt dieser Reihe und reflektiert die Situation der Studierenden und Lehrenden an Kunsthoch-schulen: Welche Rollenzuweisungen finden auf beiden Seiten statt? Kann man Kunst überhaupt lehren und lernen? Welchen Stellenwert nehmen Fortschrittsdenken und Tradition, Provinzialität und Internationalität in der Idee und dem Wesen der Akademie ein? „Akademie. Kunst lehren und lernen“ besteht aus einer Ausstellung mit teilweise prozesshaft angelegten künstlerischen Arbeiten und einer Vortragsreihe. In diesem Sinne bezieht sich das Projekt direkt auf die ursprüngliche Bedeutung der Akademie als Forum des Gedankenaustausches und freier, informeller Zusammenkunft. Diese Haltung spiegelt sich auch in einem Informationsbereich innerhalb der Ausstellung wider, in dem Doku-mentationsmaterial zu verschiedenen internationalen Akademien und Kunsthochschulen ausliegt. Die eingeladenen Künstler thematisieren in ihren Arbeiten die Institutionalisie-rung von Kunstausbildung und -vermittlung:

In „Ghostprofessor Jennifer“ (2004) hat Uli Aigner (*1965 in Scheibbs/NÖ, lebt in Mün-chen) für Studenten der Akademie der Bildenden Künste in München Sprechstunden im städtischen Rathaus eingerichtet. Mit Studierenden und Absolventen der Münchner Aka-demie gründete sie die „ghostAkademie“ (2004/2005) mit 12 fiktiven Lehrstühlen, die nun erstmals in Hamburg präsentiert wird, bevor sie später filmisch dokumentiert und in Form von Lehrveranstaltungen erfahrbar wird.

Seit vielen Jahren veranstaltet Pawel Althamer (1967 in Warschau, lebt in Warschau) einen wöchentlichen Workshop mit geistig behinderten Menschen, der so genannten Nowolipie Group. Für den Kunstverein wird er mit dieser Gruppe Porträts von Galeristen und anderen Kunstvermittlern in Form von Skulpturen anfertigen. Ein Video seines Künst-lerkollegen Artur Zmijewski (1966 in Warschau, lebt in Warschau) dokumentiert den Prozess, in dem Althamer Kunstkontext und Alltag miteinander verbindet.

In ihrer Gemeinschaftsinstallation „Thirst for Knowledge“ (2003) entwerfen Mark Dion (1961 in New Bedford/Mass., lebt in Beach Lake/PA) und Jackie McAllister (1962 in Dundee, lebt in New York) mithilfe von Kleidungsstücken und Bücherstapeln typisierte Porträts von Kunststudenten und deren intellektuellen Interessen.

Jeanne Faust (*1968 in Wiesbaden, lebt in Hamburg) realisiert einen Film, in dem eine Frau ein Bild beschreibt und dies dann verunsichert noch einmal wiederholt. Die Reaktion ihres Gegenübers wird dabei nicht sichtbar, so dass dem Zuschauer eine entscheidende Information zum Verständnis der Situation fehlt. Der Versuch, sich etwas durch sehr ge-naue Beschreibung anzueignen, kann scheitern oder aber viele Möglichkeiten eröffnen.

Jef Geys (*1934 in Leopoldsburg, lebt in Balen) präsentiert mit seiner Serie von Zeich-nungen „ABC École de Paris“ (1986) das akademische Vokabular des Künstlers, der sich durch stete Übung Motive und Fertigkeiten selbst aneignen kann. Darüber hinaus hat Geys die Künstlerin Inge Godelaine eingeladen, für zwei Wochen (7.-18. Februar 2005) an der Hochschule für bildende Künste Hamburg Unterricht im „Zeichnen nach Akt-modell“ für Studenten und andere Interessenten anzubieten.

Die Zeichnungsserie „Akademie für Adler“ (1989) von Jörg Immendorff (*1945 in Bleckede, lebt in Düsseldorf) spiegelt das ambivalente Verhältnis des Malers zur Instituti-on Kunsthochschule mit ihren Hierarchisierungs-, Konkurrenz- und Ausschlussmecha-nismen wider. Der zeithistorische Rahmen der Entstehung der Bilder spielt dabei ebenso eine Rolle wie die persönliche Involvierung des Malers aufgrund von Lehrtätigkeiten an verschiedenen Akademien.

Für sein Diplom hat Christian Jankowski (*1968 in Göttingen, lebt in Berlin) die Film- installation „Diplomarbeit“ (1992/1998) entwickelt, in der er den ersten und letzten Tag seiner eigenen künstlerischen Ausbildung dokumentiert. Diese selbstreferentielle Arbeit setzt sich thematisch fort in „Lehrauftrag“ (2000) – Transparente mit aufgepinselten Aussagen von Naturwissenschaftlern über den eigenen Lehrauftrag – und „Seminar – Selbstpositionierungen im Kunstfeld“ (2002): Studenten tauschen ihre Rolle mit Traum-partnern aus dem Kunstbetrieb.

In „Basisarbeit“ (1998) thematisiert Olaf Metzel (*1952 in Berlin, lebt in München) seine ehemalige Doppelfunktion als Künstler und Rektor der Münchner Kunstakademie, die er selbst als kontextuelle und konzeptionelle Situation beschreibt. Seine Installation aus Konferenztisch, Wahlkabinen, Foto mit Amtskette, Briefbeschwerer (in Form des Akade-miegebäudes) und Aktenchaos bezieht sich auf die Institution Kunstakademie; das zuge-hörige Buch gleichen Titels versammelt Beiträge zur Lage dieser Bildungsstätten.

Unter der Bezeichnung Modulator planen Eran Schaerf (*1962 in Tel Aviv, lebt in Berlin) und Studierende der Kunstakademie Hamburg zusammen das Projekt „Modulator“, das die Strukturen eines Hochschulseminars als ein Sender- und Empfängermodell dar-stellt und untersucht. Sie entwickeln hierfür eine „Software“, um die traditionellen Rollen dieses Kommunikationsmodells wechseln zu können. So entsteht eine Art Montagemaschine, für die die Künstler Beiträge unter ihrem eigenen sowie unter dem Namen Modulator realisieren und jeweils aufeinander Bezug nehmen.

Arturas Raila (*1962 in Vilnius, lebt in Vilnius) unterrichtet seit über zehn Jahren an der Kunsthochschule in Vilnius. Dies ist auch der Schauplatz seines Videos „The Girl is Inno-cent“ (1999), das einen Rundgang durch die Abschlussklassen des Jahres 1998 wieder-gibt. Es thematisiert die Diskrepanz zwischen den postkommunistischen Erfahrungen und den hieraus resultierenden Arbeitsweisen einiger Studierenden und dem teilweise noch am traditionellen Geniebegriff orientierten Professorenkollegium

Apolonija Sustersic (*1965 in Ljubljana, lebt in Amsterdam und Ljubljana) wird für die Laufzeit der Ausstellung ein „Research Department“ installieren, das die komplementären Verbindungen zwischen der Hochschule für bildende Künste Hamburg, dem Kunstverein in Hamburg und der Stadt Hamburg untersucht. Als zugleich analytischer und physischer Ort dient das „Research Department“ auch der Begegnung und der Kommunikation, um die Vernetzung dieser drei Orte zu bewerten und konstruktiv zu fördern.

Irit Rogoff "Academy as Potentiality" Irit Rogoff gründete und leitet den Studiengang “Visual Culture“ am Goldsmiths College der London University. Sie ist Direktorin eines internationalen Forschungsprojektes über "Cross Cultural Contemporary Arts", das die Entstehung globalisierter Formen der Kunst untersucht, in denen herkömmliche Logiken von Zentren westlicher Kunst sowie von vorherrschenden Märkten und Praktiken überbrückt werden. Sie schreibt über die Verbindung von kritischer Theorie und zeitgenössischer Kunst mit besonderem Gewicht auf Themen der Performität und der kulturellen Unterschiede. Sie ist Autorin von Terra Infirma – Geography's Visual Culture (2001) und arbeitet derzeit an einer Studie mit dem Titel Looking Away – Participating Singularities and Ontological Communities. Sie lebt in London. Irit Rogoff beteiligt sich mit dem Goldsmith College an der internationalen Projekt- und Ausstellungsreihe “Akademie“, die, initiiert vom Siemens Arts Program in Kooperation mit dem Kunstverein in Hamburg, dem Museum van Hedendaagse Kunst Antwerpen und dem Van Abbemuseum Eindhoven, in den nächsten beiden Jahren stattfinden wird.

Katalog Nach Abschluss der Reihe erscheint ein Katalog, hrsg. von Bart de Baere, Yilmaz Dziewior, Charles Esche, Angelika Nollert und Irit Rogoff.

Pressetext Siemens Art Program

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ACADEMY. Teaching Art, Learning Art /
AKADEMIE. Kunst lehren und lernen
Kuratoren: Yilmaz Dziewior, Angelika Nollert
Kooperationspartner: Kunstverein in Hamburg und Siemens Arts Program

mit Uli Aigner, Pawel Althamer & Artur Zmijewski & Nowolipie Group, Mark Dion & Jackie McAllister, Jeanne Faust, Jef Geys, Jörg Immendorff, Christian Jankowski, Olaf Metzel, Modulator (Mareike Bernein, Nadine Droste, Gunnar Fleischer, Axel Gaertner, Oliver Gemballa, Heiko Karn, Jeong Hyun Kim, Alexander Mayer, Katrin Mayer, Nicole Messenlehner, Karolin Meunier, Stefan Moos, Miriam Pietrusky, Christoph Rothmeier, Eran Schaerf, Eske Schlüters, Jochen Schmith, Robert Schnackenburg, Mirjam Thomann, Sabin Tünschel, Gunnar Voss, Karsten Wiesel, Benjamin Yavuzsoy, Joachim Zahn und Jenni Zimmer), Arturas Raila, Apolonija Sustersic

Vorträge / Gespräche:
27. 1.05, 19 Uhr Irit Rogoff "Academy as Potentiality"
3.2.05, 17 Uhr Heiko Karn, Katrin Mayer und Eran Schaerf im Gespräch
“Formatversuch – Publikation als Seminar“
17.2.05, 19 Uhr: Maurizio Cattelan, Massimiliano Gioni, Ali Subotnick
“4. berlin biennale 2006“ (engl.)
24.2.05, 19 Uhr Stephan Dillemuth
“The Academy and the Corporate Public“
Auf der Basis seiner Publikation “The Academy and the Corporate Public“ wird Stephan Dillemuth darüber sprechen, wie Veränderungen des öffentlichen Lebens sich in den Hochschulen/Akademien widerspiegeln.
3.3.05, 19 Uhr Abel Auer, André Butzer, Birgit Megerle, Roberto Ohrt
“Akademie Isotrop, das Echo“
10.3.05, 19 Uhr Clementine Deliss
“Future Academy“ (engl.)
17.3.05, 19 Uhr Martin Köttering
“Elfenbeintürme/Leuchttürme. Zur gesellschaftlichen Positionierung von Kunsthochschulen“
31. 3.05, 19 Uhr Charles Esche
“The Protoacademy“ (engl.)

Stationen:
22.01.05 - 03.04.05 Kunstverein Hamburg
15.09.06 - 26.11.06 Museum van Hedendaagse Kunst, Antwerpen
16.09.06 - 26.11.06 Van Abbemuseum, Eindhoven